Der Begriff Lobbyismus stammt aus dem englischen (Lobby = Vorhalle des Parlaments) und bezeichnet heute eine Form der Interessenvertretung in Politik und Gesellschaft. Hierbei versuchen Interessengruppen die Exekutive und die Legislative zu beeinflussen, und dadurch auch Einfluss auf die öffentliche Meinung zu nehmen. Die vier Pfeiler der Lobbyarbeit lassen sich folgendermaßen kategorisieren: Einflussnahme, Informationsbeschaffung, Informationsaustausch und eine strategische Ausrichtung der Tätigkeit.
Offiziell fungieren Lobbyisten als Berater von Bundestagsabgeordneten, wobei allein in Berlin, dem Zentrum der Macht, ungefähr 5000 Lobbyisten im Einsatz sind. Ein Hausausweis des deutschen Bundestags ermöglicht ihnen einen uneingeschränkten Zugang zu politischen Entscheidungsträgern. Dabei wird das Ziel verfolgt durch gezielte Einflussnahme die Interessen ihrer jeweiligen Arbeitgeber zu wahren. Dabei handelt es sich vornehmend um Interessengruppen der Wirtschaft, wie zum Beispiel der Pharmaindustrie und der Energiewirtschaft, die außerdem über eine besonders große Lobbymacht verfügen. Eine der größten Interessengruppen in Berlin ist „Das Collegium“, ein Zusammenschluss von 30 DAX-Unternehmen.
Doch auch Beteiligte am Gesetzgebungsprozess suchen gezielt das Gespräch mit Wirtschaftsvertretern, Verbänden und Lobbyisten, da die gewählten Vertreter der Bundesregierung auf das Wissen der Experten über wirtschaftliche und rechtliche Aspekte angewiesen sind. Dadurch können Lobbyisten zum Vorteil von Interessengruppen gezielt Einfluss auf mögliche Gesetzesvorlagen nehmen. Durch diese Konstellation steht der Lobbyismus im Spannungsfeld zwischen legitimer Interessenvertretung und der Gefährdung demokratischer Grundprinzipien.
Wie viel Macht die Lobbyisten in Deutschland haben zeigt auch das Personalaustauschprogramm „Seitenwechsel“, das 2004 von der Bundesregierung ins Leben gerufen wurde. Hierbei tauschen Mitarbeiter aus den Bundesministerien mit Angestellten der freien Wirtschaft als Leiharbeiter den Schreibtisch. Doch was als reiner Erfahrungsaustausch deklariert wird, ist in Wahrheit die Möglichkeit, dass Interessenverbände noch gezielter Einfluss auf politische Entscheidungen nehmen können, da ihre Mitarbeiter direkt da arbeiten, wo Politik entsteht. Nicht nur deshalb wird der Lobbyismus in Anlehnung an die Macht der Presse als vierte Gewalt im Staat als „fünfte Gewalt“ bezeichnet.