VON CLEMENS POKORNY | 14.02.2014 14:45

Frieden schaffen ohne Waffen!

Militär kann keinen Frieden schaffen – diese Überzeugung eint Pazifisten. Einige von ihnen haben sich zur weltweiten Nonviolent Peaceforce zusammengeschlossen, deren oft ehrenamtliche Mitarbeiter als Vermittler oder menschliche Schutzschilde in mehreren Krisenregionen aktiv sind. Ihre Methoden zur zivilen Konfliktbewältigung werden teilweise schon seit Jahrzehnten angewandt und weiterentwickelt – und ihr Erfolg gibt ihnen recht.

Wer nur die „offizielle“ deutsche Außenpolitik kennt, könnte glauben, für den Frieden seien ausgerechnet Soldaten zuständig. „Friedenstruppen“ treffen da „friedensbildende Maßnahmen“ und Deutschland „engagiert“ sich mit seiner Bundeswehr weltweit für „Frieden“. Pazifisten bezweifeln dagegen, dass Mordskerle in Uniform dafür geeignet sind. Soldaten sollen kämpfen und töten, Polizeiaufgaben dagegen sollten von Polizisten ausgeübt werden und Sandsäcke von Katastrophenschützern wie Mitarbeitern des Technischen Hilfswerks geschleppt werden. Wozu bedarf es da noch Soldaten? Und wie können Konflikte zwischen Nationen oder Bevölkerungsteilen zivil, also gewaltlos gelöst werden?

Der Tod ist ein Master aus Deutschland

Master of Peace

Dazu haben Friedensforscher und -aktivisten schon längst verschiedene Strategien entwickelt. Bei drohender feindseliger Invasion empfehlen Exponenten der „Sozialen Verteidigung“, keinen gewalttätigen Widerstand zu leisten, sondern dem Invasor die Besatzung zu verleiden. Diese Strategie setzt auf die Rettung möglichst vieler Menschenleben und bewertet diese also höher als politische Einflusssphären, während militärischer Widerstand meist ein Blutbad an den Grenzen bedeutet. Ein Beispiel für erfolgreiche Soziale Verteidigung wären die Sabotageakte während der Nazi-Besatzung in Skandinavien, dank derer die Nationalsozialisten in unseren nördlichen Nachbarstaaten nie Fuß fassen konnten.

Wo Parteien mit konfligierenden Interessen aufeinander treffen, konnte etwa der international renommierte norwegische Friedensforscher Johan Galtung dutzende Male erfolgreich intervenieren. Vermittler, die seine Transcend-Methode anwenden, sollen bei allen Beteiligten die Fähigkeit fördern, von ihren Eigeninteressen zu abstrahieren, um ein möglichst objektives Bild der Situation zu erlangen. Auf diese Weise kann der Grund des Konfliktes bearbeitet und beseitigt werden. Nach einer Behebung etwaiger bereits entstandener Schäden wird der Friedensprozess im Rahmen der Transcend-Methode mit der Versöhnung der ehemaligen Konfliktparteien abgeschlossen.

Mit einem erfahrungsbasierten Instrumentarium an ziviler Konfliktbewältigung arbeitet die Nonviolent Peaceforce (NP), eine internationale Friedensorganisation. Ihre Mitglieder eint die Überzeugung, dass Gewalt nicht gewaltsam – also auch nicht etwa durch Truppen der Vereinten Nationen – beendet werden kann. Die Nonviolent Peaceforce wurde nach einer zweijährigen, wissenschaftlich begleiteten Konzeptionsphase im Jahr 2002 in Neu-Delhi gegründet und bündelt verschiedene erprobte Maßnahmen zur Schaffung von Frieden. Ihre Arbeit wird von speziell geschulten Freiwilligen getragen, die den Menschen in Krisenregionen wie dem Sudan oder dem Kaukasus bei der friedlichen Bewältigung ihrer Konflikte helfen. Sie begleiten gefährdete Menschen, etwa lokale Friedensaktivisten, und schützen sie auf diese Weise. Denn schon allein die Anwesenheit eines internationalen Beobachterteams der Nonviolent Peaceforce kann die Zivilgesellschaft in Krisengebieten nachweislich schützen – nicht erst, wenn sie vermittelnd eingreifen, sondern weil potentielle Aggressoren wissen, dass die Verletzung oder gar der Tod eines Unbeteiligten internationale Kritik nach sich ziehen würde. Außerdem dokumentieren die Friedensfachkräfte der NP Menschenrechtsverletzungen und geben Opfern so eine international hörbare Stimme. Sie vernetzen die Menschen vor Ort und ihre Büros werden als neutrale Gebiete zu Treffpunkten für Menschen aus allen Konfliktparteien.

Während in den Massenmedien nur von schweren Ausschreitungen und militärischem Eingreifen berichtet wird, sodass Soldaten als einzige Alternative für Konfliktbewältigung präsentiert werden, haben die Friedensfachkräfte der NP jüngst im Sudan mitgeholfen, dass viele kleine Konflikte gewaltlos gelöst wurden. Deshalb rufen zwei Bundestagsabgeordnete der Partei DIE LINKE zu Spenden für die Nonviolent Peaceforce auf und versuchen so zugleich, sie bekannter zu machen. Doch jeder kann die Idee ziviler Konfliktbearbeitung auch aktiv unterstützen – und damit zeigen, das Soldaten für die Herstellung von Frieden überflüssig sind. Dabei sollte man sich freilich auch über die Ursachen von Konflikten klar werden, die oft von interessierten Mächten zur Wahrung ihrer „vitalen“ geopolitischen Interessen gezielt geschürt werden. Denn wo Konfliktherde gar nicht erst entstehen, wird Konfliktbearbeitung überflüssig. In einer Welt knapper werdender und immer einseitiger verteilter Rohstoffe gleicht diese Perspektive allerdings wohl einem frommen Wunsch.