VON Julia ZETZ | 17.04.2014 13:44

Blickduell oder Kämpfen ohne Waffen

Schon der Hundeflüsterer sagt immerzu, man soll den Blickkontakt zu den Tieren so lange halten, bis diese von selbst weg sehen würden. So würde man seine Autorität beweisen. Schon als Kinder haben einige von uns ihre Kräfte mit dem berühmten Blickduell gemessen, bei einigen ist dieses Spielchen besser bekannt als „Lachen verboten“. Im Kindesalter konnten wir es kaum aushalten uns länger als ein paar Sekunden in die Augen zu sehen ohne dabei zu lachen.

Heute kommt es mir zuweilen so vor, als hätten wir alle das Lachen verlernt, denn wenn ich heute jemanden in die Augen sehe und den Blick nicht ablasse, dann meistens weil ich wütend bin und das auch zum Ausdruck bringen möchte. Wenn es aber darum geht, einem fremden Menschen in die Augen zu sehen, dann werden wir wieder zu den schüchternen kleinen Kindern, die nach wenigen Sekunden wegsehen müssen. Was hat es denn nun mit diesem Blickkontakt auf sich? Warum fällt uns das manchmal so schwer?

Wie schön wäre es, wenn wir wie Lily und Marshall aus „How I met your mother“ Konversationen mit unseren Blicken führen könnten. Niemand würde mehr geheime Informationen mitlauschen können, keiner wüsste, was gerade in uns vorgeht außer der Person, mit der wir gerade blickkontakten. Doch wenn wir einen Blick in die Tierwelt werfen, werden wir feststellen, dass wir wie einige Säugetiere wirklich in der Lage sind, sich mit Blicken zu unterhalten. Und wenn wir unsere Mitmenschen mal etwas genauer betrachten, werden wir aus ihren Blicken einiges lesen können.

Durch fremde Gehirne

Die Kultur des Augenaufschlags

Wir haben also gelernt, dass wir zwar durch gegenseitiges in die Augen starren kein Gespräch zustande bekommen, wir aber dennoch in der Lage sind, aus den Blicken unserer Mitmenschen vieles heraus zu lesen. Wenn jemand während eines Gespräches den Blickkontakt nicht halten kann wird ihm zuweilen unterstellt, er sei nicht selbstbewusst genug. Werden wir von einer anderen Person angestarrt, fühlen wir uns unwohl und vermuten schlechte Absichten. Wichtige Informationen unterstreichen wir ganz automatisch mit intensiven und länger andauernden Blickkontakten. Und das alles tun wir zum Teil sehr unbewusst, denn kaum jemand hat sich schon einmal mit der Wirkung und Bedeutung eines Blickkontakts beschäftigt.

Doch unsere Augen gelten nicht umsonst als der Spiegel unserer Seele. Nehmen wir uns die Zeit und blicken unseren vertrauen Menschen tief in die Augen. Wir werden feststellen, dass wir sehr schnell ihre Gefühle lesen können. Wir fühlen ihre Angst, ihre Unsicherheit, ihre Trauer. Wir versinken in den Gefühlen unseres Gegenübers und tauchen ein in die fremde Gefühlswelt. Und genau das könnte der Grund sein, warum wir mit zunehmenden Alter immer weniger Scheu vor einem Blickkontakt haben, denn als Kinder sehen wir die Welt mit anderen Augen, aber als Erwachsene, versuchen wir die Welt manchmal mit fremden Augen zu betrachten.