VON JULIA ZETZ | 29.05.2013 14:05

Viel Arbeit für wenig Geld – Lohndumping in der EU

Deutschland sei ein Billiglohnland, das kritisiert der niedersächsische Wirtschaftsminister Olaf Lies. Auslöser dafür: in vielen Schlachtbetrieben in Niedersachsen würden Arbeitnehmer für höchstens fünf Euro Stundenlohn beschäftigt. Nun will Lies eine Beschwerde bei der EU-Kommission über das Lohndumping in Deutschland einreichen. "Das Billiglohnland Deutschland ist zum Arbeitsvernichter in vielen angrenzenden Ländern wie Belgien geworden", so Lies. Auch die Belgische Regierung hat bereits Beschwerde eingereicht, Lies wollte das mit einem Brief unterstützen. Bereits Ende April traf sich der niedersächsische Wirtschaftsminister mit Vertretern der Fleischindustrie. Doch hilft die Lösung eines solchen Einzelfalls? Oder brauchen wir eine Europa übergreifende Regelung?


Einzelfall-Lösung oder einheitliche Regelung?

Die erschreckend hohe Zahl von Werkverträgen und die Berichte über Ausbeutung und Dumpinglöhne in der Fleischbranche zwingen zum gemeinsamen Handeln", erklärte Agrarminister Christian Meyer. Gemeinsam mit tausend Beschäftigten und insgesamt sechs Unternehmen der Fleischindustrie aus Niedersachsen wurden mehre Kritikpunkte angesprochen. Der Wirtschaftsminister bezeichnete das Treffen als einen Schritt in die richtige Richtung. Doch es bleibt die Frage offen: was passiert mit all den tausenden Arbeitnehmern aus anderen Branchen? Die Lösung eines Einzelfalls ist gut, aber wie können einheitliche und EU-übergreifende Lösungen gefunden werden?

Postwachstumsökonomie

Es existiert bereits eine EU-Richtlinie, die Lohndumping verhindern soll. Sie trägt den verheißungsvollen Namen „Entsenderrichtlinie“ Lohn- und Sozialdumping. Doch Werner Buelen von der Europäischen Föderation für Bau- und Holzarbeiter glaubt: „Die EU-Kommission ist bisher nur daran interessiert, es den Unternehmen so leicht wie möglich im Binnenmarkt zu machen. Was mit den Arbeitern passiert, ist ihr dagegen nicht sonderlich wichtig“.

Lohndumping „Made in Germany“

Bereits vor einigen Wochen kam das Online-Warenhaus Amazon zu unerwünschtem Presse-Ruhm. Laut Medienberichten würde Amazon exzessives Lohndumping betreiben. Berufsanfänger würden im ersten Jahr etwa 9.000 Euro weniger Gehalt bekommen, als ihnen nach dem Einzelhandelstarifvertrag zustünde. Diese Angabe wurde von der Gewerkschaft ver.di bestätigt. Amazon scheint beim Thema Lohndumping nur die Spitze des Eisberges zu sein. Egal ob Kuriere, Lagerarbeiter, Reinigungspersonal oder Friseure, viele von ihnen arbeiten weit unter dem Mindestlohn.

Laut einem Focus-Bericht waren im Mai 2009 mehr als 60 000 Zeitarbeiter auf einen Hartz-IV-Zuschuss angewiesen. Damit werden solche Unternehmen, die Arbeitnehmer von Zeitarbeitsfirmen beschäftigen, durch staatliche Subventionen unterstützt. Insgesamt sollen es zwischen den Monaten Mai 2008 und 2009 sogar etwa 531 Millionen Euro gewesen sein.

Auch andere Großunternehmen beschäftigen Arbeitnehmer, die kaum oder gar nicht von ihrem Gehalt leben können. So auch der Automobilhersteller Daimler. Das SWR schleuste einen Reporter über eine Leiharbeitsfirma ein. Er verdiente gerade einmal 990 Euro netto im Monat.

Wirtschaftsminister Olaf Lies fordert eine Meldepflicht um belastbare Zahlen zu haben. Ob und wie die EU-Regelungen zum Lohndumping Arbeitnehmer vor Ausbeutung schützen bleibt offen.