VON CHARLOTTE MEYER | 24.08.2015 15:12

Pflegebedürftigkeit und viele Probleme

Wenn man pflegebedürftig wird, verändert sich vieles. Plötzlich ist man angewiesen auf die Hilfe anderer und in seiner Selbstständigkeit eingeschränkt. Dass man dann leichter Gefahr läuft, durch andere ausgenutzt oder unwürdig behandelt zu werden, geht leider oft damit einher. Viele Menschen, die eigentlich pflegebedürftig sind, wollen sich dies oftmals nicht eingestehen. Was Tablets mit Pflege zu tun haben und was die Regierung im Koalitionsvertrag festgelegt hat, berichtet UNI.DE.




Pflegebedürftigkeit ein hartes Los für die Betroffenen

Vor allem ältere Menschen sind von Pflegebedürftigkeit betroffen. In der Grundrechte-Charta der Europäischen Union ist dabei explizit festgelegt, dass besonders ihr Recht auf ein Leben in Würde und Unabhängigkeit und ihre Teilhabe am gesellschaftlichen und kulturellen Leben anerkannt und respektiert werden müssen. Mittlerweile werden die Hälfte der Männer und zwei Drittel der Frauen vor ihrem Tod zum Pflegefall. Das kann heißen, dass der Bewegungsapparat nur noch eingeschränkt funktioniert, die Sinnes- oder inneren Organe gestört sind oder das Zentralnervensystem beeinträchtigt ist. Entsprechend des Grads der körperlichen Beeinträchtigung wird dann in drei Pflegestufen unterschieden: Es gibt erheblich Pflegebedürftige, Schwerpflegebedürftige und Schwerstpflegebedürftige. Je nach dem, in welche Kategorie eine Person eingeordnet wird, wird ihr ein gewisses Maß an Pflege zugeordnet. So sind es beispielsweise in Pflegestufe I mindestens 90 Minuten täglich, in Stufe II mindestens drei Stunden und in Stufe III mindestens fünf Stunden täglich. Das kann dann etwa Dienste enthalten wie Körperpflege, Zubereiten und Aufnahme von Nahrung, An- und Ausziehen oder einkaufen gehen. Um angemessen gepflegt zu werden, greift so die gesetzliche Pflegeversicherung. Doch reichen die Leistungen wie Pflegegeld, Pflegesachleistungen oder ein Zuschuss bei stationärer Pflege oft nicht aus. Vor allem die Kosten für professionelles Pflegepersonal sind teilweise sehr hoch und entsprechende Pflegekräfte schwierig zu finden. Springt jemand aus der Familie ein, kann Druck auf Angehörige entstehen. Nicht nur, dass Pflegebedürftigkeit ein hartes Los für die Betroffenen selbst ist, sondern auch die Belastungen, die jenseits der eigenen Einschränkung auftreten, können erdrückend werden.

Harte Arbeit für kleinen Lohn

Viele befürchten Eingeständnis

Nach einem langen Leben in Selbstständigkeit fällt es pflegebedürftigen Menschen oft schwer, sich ihre Hilfebedürftigkeit einzugestehen. Oft passiert es dann auch, dass Menschen, die eigentlich Unterstützung dringend nötig hätten, ihre Bedürftigkeit verstecken und diese dann gar nicht oder nur teilweise entdeckt wird. Auch ist ein Umzug ins Heim für viele sehr schwierig, weil sie erkennen, dass es für sie der letzte Umzug sein kann. Vollstationäre Pflege ist dabei nicht der Regelfall; wie das statistische Bundesamt 2013 meldete, lebten zu der Zeit mehr als die Hälfte der Pflegebedürftigen in Privathaushalten und wurden durch Angehörige oder ambulante Pflegedienste versorgt. Viele junge Menschen machen sich indes gar keine Gedanken um ihre Vorstellungen im Pflegefall. Laut einer forsa Umfrage sind für Menschen, die noch nicht auf Pflege angewiesen sind, finanzielle Unabhängigkeit, eine selbstständige Lebensführung und vor allem soziale Kontakte im Alter wichtig. Doch wenn man plötzlich zum Pflegefall wird und sich die Lebensumstände komplett ändern, herrscht oft Hilflosigkeit. Hier ist rechtzeitige Vorsorge und vor allem der Staat gefragt, um pflegebedürftigen Menschen ein würdevolles Leben zu ermöglichen.

Überarbeitung des Pflegebegriffs um besser zu helfen

Als Privatlösung kann man zum Beispiel bei Versicherungen Zusatzversicherungen abschließen, aber auch von staatlicher Seite wurden Projekte gefördert, um die Herausforderungen einer angemessenen Pflege zu bewältigen. So versucht zum Beispiel das Forschungsprojekt TABLU („Technische Assistenzsysteme befähigen zu einem Leben in Unabhängigkeit“) anhand von Tablets Angehörige von Pflegebedürftigen in ihrer Häuslichkeit zu unterstützen. Das Gerät gibt dabei zum Beispiel Anweisungen wie man richtig aus dem Bett hilft und ähnliche Tipps, um zu einem schonenden Umgang zu verhelfen. Das Projekt will so durch den Einsatz technischer Geräte die Pflegekompetenz von Angehörigen verbessern und sie mehr mit der Außenwelt in der Pflege vernetzen. Auch mehr Selbstständigkeit und Sicherheit für Pflegebedürftigen und ihre pflegenden Angehörigen will TABLU erreichen. In dem Projekt vereinigen sich unter anderem die Universität und das Universitätsklinikum Tübingen sowie die Altenhilfe und das Deutsche Rote Kreuz. Im November 2013 hatte zudem die derzeitige Regierung in ihrem Koalitionsvertrag festgelegt, dass die Definition von Pflegebedürftigkeit überarbeitet werden muss. Das betrifft vor allem die Begutachtung und Einstufung von Pflegebedürftigkeit und die Berücksichtigung von Einschränkungen, die bei Demenzpatienten häufig auftreten. Dadurch soll die Lebenssituation vieler Pflegebedürftiger besser analysiert und dementsprechend eine bessere Pflege gewährleistet werden. Auch Menschen, die auf Hilfe angewiesen sind und jene die sie pflegen, sollen nicht vom Leben abgeschnitten werden und unabhängig bleiben dürfen.