VON RICHARD KEHL | 14.06.2011 10:45

Heimweh. Die Sehnsucht nach der Heimat

Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah? Menschen, die in der Fremde ihr Glück versuchen, werden oft mit dem Gefühl des Heimwehs konfrontiert. Was hat es eigentlich damit auf sich?

Unter Heimweh wird in erster Linie die emotionale Bindung eines Menschen zu seiner Heimat verstanden, von der er momentan abwesend ist. Es ist das Gefühl und die Sehnsucht in der Fremde, wieder daheim sein zu wollen. Viele Künstler verarbeiten dieses Gefühl in ihren Werken, sei es in Musik, Texten oder Bildern. Aus dem Begriff Heimweh entstand auch das Kunstwort Fernweh.

Im Gegensatz zu Heimweh beinhaltet das Fernweh die Sehnsucht nach fremden Ländern, Abenteuern, Sitten, Bräuchen und Kulturen. Heutzutage wird der Begriff Fernweh oft mit der Sehnsucht nach Urlaub in Verbindung gebracht, aber auch nach Veränderung, Flucht aus dem Hier und Jetzt.

Zurück zum Wort Heimweh – und wer hat es erfunden? Die Schweizer. Genauer gesagt ist der Begriff im 17. Jahrhundert in der Schweiz entstanden und wurde hier erstmals in der Fachliteratur verwendet. Das Wort hat die Schweiz lange Zeit nicht verlassen, erst im 19. Jahrhundert hat das Wort auch in andere deutschsprachige Länder Einzug gehalten. Man spricht daher in Verbindung mit Heimweh auch von der „Schweizer Krankheit“. Der Arzt Johannes Hofer aus Basel in der Schweiz brachte „Heimweh“ das erste Mal mit einem psychischen Krankheitsbild in Verbindung, mit Begriffen wie Schmerz, Leid und Traurigkeit.

Das Heimweh hat auch eine entscheidende Rolle in der psychologischen Kriegsführung in fremden Ländern eingenommen. Heimweh hat Soldaten zermürbt, ihre körperliche Verfassung und Leistungsfähigkeit beeinträchtigt. Neben Tagträumen, Unaufmerksamkeit, Fahnenflucht konnte die Sehnsucht nach der Heimat zu Krankheiten und schlimmstenfalls bis zum Tode führen. Es gibt sogar die Sage, der zufolge gegnerische Soldaten Heimatlieder gesungen haben, um Heimweh hervorzurufen und so den Feind in der Fremde zur Fahnenflucht zu verleiten. Auf dem Index verbotener Lieder stand Mitte des 18. Jahrhunderts ein Schweizer Hirtenlied – es war damals lange Zeit bei Todesstrafe verboten, es zu singen.

Heute spielt Heimweh natürlich nicht nur in der psychologischen Kriegsführung eine entscheidende Rolle. Auch immer mehr Studenten, die für eine bestimmte Zeit im Ausland oder fern der Heimat leben, fühlen sich mit Heimweh konfrontiert. Eine Konfrontation, die auch die Leistungsfähigkeit von Studenten im Studium beeinträchtigen kann. Andererseits gibt es auch den Spruch: Heimat kennt nur, wer einmal Heimweh erlebt hat.