VON RICHARD KEHL | 25.01.2010 16:50

Im Twitterland

Qualität statt Quantität bitte

Das Internet und das digitale Zeitalter hat uns jede Menge Freiheiten mit zusätzlichen Informationsquellen besorgt. Allerdings sind zu viele davon ungefiltert, geklont, nicht qualitativ und oberflächlich.


Wer nicht zwitschert hat ausgepfiffen?


Nicht was man mitteilt, sondern warum, mit welchem Zweck und Bonus ist das Zauberwort bei Twitter. Wen interessiert es, wenn ich eine Tasse Kaffee hole und trinke, dies der Welt mitteile – in welchem Netzwerk auch immer? Es geht Zeit flöten, die Information ist überflüssig – im wahrsten Sinne des Wortes – und der Kaffee ist danach auch noch kalt geworden.


Microblogs wie Twitter sammeln Links mit Kurzinformationen, denen man folgen, oder es auch sein lassen kann. Aber was bringt eine Kurzinformation innerhalb eines Müllbergs von anderen Millionen Kurzinfos und Links? Es ist wie die berühmte Suche nach der Nadel im Heuhaufen.


Der einzige, der doch wirklich etwas davon hat, ist der Anbieter selbst: Twitter. Auf deren Webseite tummelt sich nun die ganze Medienwelt, Promis, Firmen sowie andere Leute, die ein Mitteilungsbedürfnis an die Welt und Angst davor haben, einen Zug zu verpassen, wenn sie hier nicht aufspringen. Niemand frägt allerdings wo dieser Zug endet. Twitter hat dies ganz geschickt gemacht und sich das Mitteilungsbedürfnis von Bloggern und Promis vorerst zu Nutze gemacht: Beschäftigt sich erst der ein oder andere Star damit, beschäftigen sich die Medien damit; dann die Industrie sowie die restliche Masse. Ein Offline- und Hardware-Beispiel hierfür: Christian Audigier, der mit seinem Modelabel Ed Hardy mit dieser Strategie in den Mode-Olymp aufgenommen worden ist. Aber selbst offline flaut der „Hype“ schon wieder ab und neue Trends werden gesucht.


In England gab es keinen Fernsehsender, der nicht mit seinen Inhalten auf Twitter verwiesen hat. Gott sei Dank ist dieser Hype massiv abgeflaut. Aber warum? Nur weil der Sohn eines Programmdirektors darauf surft, muss sich gleich die ganze Nation damit beschäftigen? Man kann zwar mit der Quantifizierung der „Twitter Follower (Abonnementen des Accounts) hausieren“ gehen und angeben, aber wer davon, verfolgt einen wirklich bis hin zum gesuchten Artikel oder Werbebotschaft? Beziehungsweise, was ist davon Werbung, was qualitativer Content, was nicht? Twitter bindet seine User mit einer Rangliste an sich: je mehr Leute einem folgen, desto „wichtiger“ und leichter auffindbar ist man bei Twitter. Im Vertrieb nennt man das „Schnuller-Effekt“ – will ich haben, muss ich dabei sein.


Aber wer bitte hat die Zeit dazu, sich mit sowas zu beschäftigen? Hierfür müsste man ein neues Berufsbild schaffen und eigens Leute dafür einstellen wie es die Stars machen. Diese lassen über Twitter Einblick in ihr Leben gewähren. Ob das nun Dritte für sie übernehmen oder nicht, sei mal im Raum stehen gelassen. Jedenfalls, Sängerin und Teenie-Star Miley Cirus, die Tochter von Billy Ray Cyrus, hat mit zwei Millionen „Twitter Verfolgern“ nun ihren Account gelöscht und erklärt dies in Form eines Raps:



Selbst Personen, die einer Sprache nicht mächtig sind, folgen fremdsprachigen Artikeln nach Schlüsselwörtern. „Sport“ ist sowohl gleich in englischer als in deutscher Sprache bei Twitter auffindbar. Hier folgen einem „irgendwelche“ Personen, in der Hoffnung man geht auch auf deren „Tweed“. Aber welchen Sinn macht das wirklich? Wie gesagt, das Hauptproblem ist Zeit, die hier durch Twitter draufgeht.


Mehr Applikationen bitte!
Ein neuer Trend der hier entgegenwirkt sind sogenannte Applikationen. Die Industrie sucht hierfür auch dringend nach Nachwuchs-Programmiereren, um das Internet „klonbarer“ zu machen. Somit hat man einen Arbeits- und Zeitaufwand aber eine x-fache Verbreitung seiner Botschaften. Facebook setzt dies bereits sehr gut um, hier kann man auch Kurznachrichten etc. schreiben und sie gleichzeitig – ohne zusätzlichen Zeit- und Arbeitsaufwand – bei Twitter posten. Allerdings bleibt dann wieder die Frage offen. Noch mehr Content und wer filtert diesen? Und ewig grüßt das Twitterland...