David Seitz | 26.03.2012 15:59

Gleichstellung an der Universität – Ein wenig beachtetes Problemfeld

Dass Frauen in Deutschland in einigen Lebensbereichen benachteiligt werden, ist kein neues Politikum. Gerade bei der Stellenvergabe und beim Lohn steht das weibliche Geschlecht oft schlechter da als die Männer. Doch auch im wissenschaftlichen Lehrbetrieb an Universitäten scheint es Handlungsbedarf bei der Gleichstellung von Mitarbeiterinnen und Studentinnen zu geben: Jede deutsche Universität besitzt eine angeschlossene Institution, die für die Gleichstellung von Frauen im Universitätsalltag kämpft. Uni.de zeigt, wo dabei die größten Problemfelder liegen.



Wissenschaft als Männer-Domäne

Sieht man vom Studienbereich Lehramt ab, studierten 2010 etwa 32000 Studenten an der Goethe-Universität in Frankfurt. Gut zwei Drittel der Studierenden waren Frauen. Richtet man den Blick jedoch auf die Statistik der wissenschaftlichen Mitarbeiter, Doktoranden und Professoren wendet sich das Blatt. Die Zwei-Drittel Mehrheit liegt dort bei den Männern. Es sind ungleiche Verhältnisse wie diese, die Gleichstellungsbeauftragte an deutschen Universitäten vor Kopfzerbrechen stellen. Die Gründe für die Verringerung der Frauenquote mit dem Ansteigen des Qualifikationsgrades sieht ein Forschungsteam des Münchner Schäuble Instituts für Sozialforschung vor allem in drei maßgeblichen Punkten: Wissenschaftlerinnen an Universitäten sind oft lediglich mit „prekären“ Arbeitsverträgen ausgestattet, müssen daher mit rechtlich-vertraglichen Erschwernissen leben. Dass Frauen für Familie und Kinder Sorge tragen müssen, bleibt bei der Ausgestaltung der Arbeitsstelle oft unbeachtet. Hinzu kommt erschwerend, dass der Frauenanteil in vielen wissenschaftlichen Disziplinen von jeher eher gering ist – Frauen rücken dadurch automatisch in einen Minderheitenstatus, der nach Angaben der Forscher einen Ausschluss aus festen Männerbünden, bis hin zu sexueller Belästigung nach sich ziehen kann. Eine Studie zum Thema zeigte, dass „die“ Wissenschaft sowohl von Männern als auch Frauen als männliches System gesehen wird – ein festgefahrenes Konstrukt also, das die universitären Gleichstellungsinstitutionen mit bestimmten Maßnahmen aufbrechen wollen.

Der Kampf um die Gleichstellung

Equal Pay Day

An der Freien Universität Berlin, die, wie einige andere deutsche Universitäten, mit dem Gleichstellungs-Prädikat Total-E-Quality ausgezeichnet wurde, versucht man durch eine permanente, systematische Analyse der Geschlechterverteilung, – das sogenannte Gender-Controlling - möglichst schnell auf entstehende Lücken und Verbesserungspotenziale reagieren zu können. Gleichstellung wird dort auf zwei Ebenen realisiert. Einerseits in der gleichmäßigen Besetzung von wissenschaftlichen Stellen, andererseits durch finanzielle Förderung der Gender- und Diversityforschung. An der Goethe-Universität in Frankfurt versucht das Gleichstellungsbüro unter anderem eine Sensibilisierung von Lehrenden und Betreuenden herbeizuführen. Studentinnen können zudem Beratungsgespräche in Anspruch nehmen oder an einem Selbstbehauptungstraining teilnehmen, wie Sarah Wohl, Referentin des Gleichstellungsbüros der Goethe-Universität, erklärt. Nach ihrer Auskunft organisieren sich Studentinnen und Mitarbeiterinnen dort sogar selbst, um gegen ihre eigene Benachteiligung vorzugehen. Ähnliche Angebote und Maßnahmen finden sich an fast allen Universitäten deutschlandweit.

Lücke zwischen Gesetz und Praxis

All die Bemühungen um eine Gleichstellung von Frauen und Männern, sowohl im Universitätsalltag, als auch in der freien Wirtschaft, fußen auf dem Bundesgleichstellungsgesetz. Es verbietet eine ungleiche Behandlung von Männern und Frauen und verpflichtet Arbeitgeber zur Schaffung von Arbeitsplätzen, die sowohl frauen- als auch männerfreundlich sind. Zudem besagt das Gesetz unter anderem, dass in jeder Dienststelle mit regelmäßig mindestens 100 Beschäftigten, eine gesonderte Stelle für eine Gleichstellungsbeauftragte geschaffen werden muss. Doch trotz des gesetzlichen Drucks bleibt die Gleichstellung, gerade auch an der Universität, ein Beispiel für einen Bereich, in dem zwischen Recht und Praxis eine riesige Lücke klafft.