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VON HOLGER BÜTH  |  10.05.2011 10:45

Automobilindustrie: Unternehmenskultur und interne Netzwerke sind Voraussetzung für eine optimale Steuerung internationaler Aktivitäten

Laut neuer Studie der Strategieberatung Roland Berger und der ESCP Europe Wirtschaftshochschule Berlin ist die Koordination internationaler Entwicklungs-, Produktions- und Marketingaktivitäten der Schlüssel zum Erfolg in der Automobilindustrie

Die zunehmende Globalisierung der Automobilbranche zwingt Unternehmen dazu, Kernkompetenzen in den Bereichen Entwicklung, Produktion und Marketing über die Landesgrenzen hinweg auszulagern. Eine umfassende Koordination internationaler Wertschöpfungsketten wird daher zum kritischen Erfolgsfaktor der Branche. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie "How automotive companies successfully coordinate their activities across borders", die Roland Berger Strategy Consultants gemeinsam mit der ESCP Europe Wirtschaftshochschule Berlin durchgeführt hat. Dabei wurden 95 Automobilhersteller und Zulieferer untersucht.

"Der internationale Wettbewerb in der Automobilindustrie wird von Tag zu Tag härter. Unternehmen stehen daher vor der großen Herausforderung, ihre globalen Wertschöpfungsketten zu optimieren", erklärt Wolfgang Bernhart, Partner bei der Strategieberatung Roland Berger und Co-Autor der Studie. Die Studie analysiert sechs Methoden zur erfolgreichen Koordination internationaler Aktivitäten: Zentralisierung bzw. Dezentralisierung der Entscheidungsprozesse, direkte persönliche Führung, formal-bürokratische Koordination, Ergebniskontrolle, soziale Netzwerke und informelle Kommunikation. "Automotive-Unternehmen, die erfolgreiche Strategien im Ausland umsetzen wollen, sollten all diese Methoden entsprechend berücksichtigen", erläutert Prof. Dr. Stefan Schmid, Inhaber des Lehrstuhls für Internationales Management und Strategisches Management an der ESCP Europe Wirtschaftshochschule Berlin und Co-Autor der Studie. "Denn nur eine optimale Verzahnung dieser Methoden führt zu einem reibungslos funktionierenden und global wettbewerbsfähigen Unternehmen."

Der erfolgreiche Koordinationsmix
Grundsätzlich setzt der optimale Koordinationsmix der einzelnen Funktionsbereiche die Anwendung aller sechs Methoden voraus. Für jeden Bereich setzt das Unternehmen aber spezifische Schwerpunkte: So fokussiert der optimale Mix für die Produktionsfunktion auf formal-bürokratische Koordination und Ergebniskontrolle. Die ideale Koordination der Marketingaktivitäten betont hingegen direkte persönliche Führung und Ergebniskontrolle. In der Entwicklungsfunktion wird lediglich die Ergebniskontrolle übergewichtet.

Unternehmenskultur und Netzwerke fördern
Die Studie zeigt, dass neben den bereichsspezifischen Schwerpunkten auch Unternehmenskultur und interne Netzwerke eine wesentliche Rolle im Koordinationsmix spielen: "Um Erfolg im Ausland zu erzielen, ist eine starke Unternehmenskultur unter den Mitarbeitern unabdingbar“, erklärt Wolfgang Bernhart, Partner bei Roland Berger. "Dabei spielen firmeninterne Netzwerke eine Schlüsselfunktion, denn sie ermöglichen es Mitarbeitern, Informationen und Meinungen unabhängig von ihrer Funktion auszutauschen."

Diese Kommunikation außerhalb der etablierten Hierarchien und über Abteilungsgrenzen hinweg können Unternehmen zum Beispiel durch Cross-funktionale Teams fördern. Dabei arbeiten Mitarbeiter aus unterschiedlichen Abteilungen für bestimmte Projekte zusammen. Auch die regelmäßige Rotation der Manager durch verschiedene Abteilungen und Standorte trägt zum effizienten Networking im Unternehmen bei. Dadurch können Automotive-Firmen eine Unternehmenskultur entwickeln, die von allen Mitarbeitern geteilt wird: Gemeinsame Werte, Visionen oder Mission-Statements sind hier von besonderer Bedeutung.

Unternehmenskultur – global und lokal
"Automotive-Unternehmen, die international agieren, stehen vor einer großen Aufgabe: Sie müssen einerseits ein lokales Verständnis entwickeln, um Erfolg auf lokalen Märkten zu erzielen. Andererseits müssen sie die globale Perspektive wahren und eine Kultur schaffen, die das Unternehmen weltweit vereint", sagt Philipp Grosche, Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der ESCP Europe Wirtschaftshochschule Berlin und Co-Autor der Studie.

Es geht also nicht darum, die Kultur des Mutterunternehmens in die weltweiten Niederlassungen zu exportieren (ethnozentrischer Ansatz). Ebenso wenig kann es das Ziel sein, jeder lokalen Niederlassung eine eigene Unternehmenskultur zu erlauben (polyzentrischer Ansatz). Vielmehr müssen die kulturellen Besonderheiten der einzelnen Länder in eine gemeinsame Unternehmenskultur einfließen, die von allen Mitarbeitern akzeptiert und gelebt wird (geozentrischer Ansatz). So können zum Beispiel Unternehmensziele gemeinsam erarbeitet und durch verschiedene Kanäle wie Newsletter, Reporting und Webseite an die weltweiten Standorte kommuniziert werden. Ebenfalls können interne Promotionskampagnen und Incentives dazu beitragen, dass Mitarbeiter die Unternehmenswerte und -ziele innerhalb der Firma weiter verbreiten.