Universität Ulm |
10.12.2021 11:12
Neuer Stiftungsfonds fördert psychologische Forschung
Depressionen oder Schizophrenie können jeden treffen!
An der Universität Ulm ist der Clemens Gabriel-Stiftungsfonds eingerichtet worden. Stiftungszweck ist die Förderung von Forschungsprojekten zur Prävention, Früherkennung und Therapie psychischer Erkrankungen. Die Zuwendung an die Universität hat einen traurigen Hintergrund: Der Sohn der Stifterin hat sich unerwartet das Leben genommen. Familie und Freunde ahnten nicht, dass der Student schwer erkrankt war und psychologische Hilfe in Anspruch nehmen wollte.
Bundesweit leidet etwa jeder vierte Erwachsene an einer psychischen Störung. Doch nicht allen Betroffenen kann rechtzeitig geholfen werden. Diese Erfahrung musste eine Ulmer Familie machen, deren Sohn tot aufgefunden wurde. Wenige Tage zuvor hatte der 19-Jährige seine seelischen Probleme offenbart. Den tatsächlichen Leidensdruck haben Familie, Freunde und Ärzte jedoch nicht erahnt.
Um die Forschung zur Prävention, Früherkennung und Behandlung psychischer Erkrankungen zu fördern, haben Mutter und Bruder des verstorbenen Uni-Studenten einen Fonds bei der Stiftung der Universität Ulm eingerichtet. Künftig sollen aus dem Stiftungsvermögen unter anderem Forschungspreise für exzellente Dissertationen und Abschlussarbeiten aus der Psychologie vergeben werden. Auch die fachgebundene Vergabe von Deutschlandstipendien ist denkbar. „Der Tod unseres Sohnes hat die Familie in den Grundfesten erschüttert. Mit dem Clemens Gabriel-Stiftungsfonds soll nun die psychologische Forschung zur Diagnostik und Therapie solcher Erkrankungen unterstützt werden und mehr Aufmerksamkeit bekommen“, betont die Stifterin. Betroffene sollten sich trauen, Hilfe zu suchen, denn diese Krankheiten können vielfältige Ursachen haben und jeden treffen.
Das Institut für Psychologie und Pädagogik der Universität Ulm ist in diesem Forschungsfeld bereits sehr aktiv: In Zukunft können diese und weitere Projekte aus dem Stiftungsfonds unterstützt werden.
Im Zuge eines ERC Consolidator Grants ergründet zum Beispiel Professorin Iris-Tatjana Kolassa (Leiterin Abteilung für Klinische und Biologische Psychologie) die biologischen Ursachen von Depressionen, die sie als systemische Energiemangelerkrankung betrachtet. Auslöser können psychische Dauerbelastungen, Traumata, aber auch Stressoren wie Infektionen oder Antibiotikaeinnahme sein, die in Summe Veränderungen im Stoffwechsel sowie in Entzündungsprozessen auslösen können. Individuelle genetische Faktoren und Ernährungsfaktoren sind zusätzliche mögliche Risiko- aber auch Resilienzfaktoren. Iris-Tatjana Kolassas Forschungsziel sind individuell angepasste biologische Begleittherapien. Die Prävention von psychischen und internistischen Erkrankungen steht hingegen im Mittelpunkt des Projekts INFLAME HEALTH: Gemeinsam mit Forschenden der Universitätsmedizin ergründen die Psychologie-Professorinnen Cornelia Herbert, Iris-Tatjana Kolassa und Olga Pollatos die Auswirkungen von Lebensstiländerungen auf die Krankheitsentstehung. Zu nennen sind beispielsweise körperliche Aktivität oder Entspannungstechniken.
Erkrankte müssen oft lange warten, bis sie eine Psychotherapie beginnen können. Daher nimmt Professor Harald Baumeister Online-Interventionen als Alternative und Ergänzung zur klassischen Präsenztherapie in den Blick. Im Vorhaben PSYCHOnlineTHEARAPIE erforscht der Abteilungsleiter Klinische Psychologie und Psychotherapie die Wirksamkeit einer Kombination aus psychotherapeutischer Routineversorgung und Online-Modulen.
Ein Gütesiegel für das Ulmer Institut Psychologie und Pädagogik sei zudem die Beteiligung an den entstehenden Deutschen Zentren für Psychische Gesundheit (DZP) und Kinder- und Jugendgesundheit (DZKJ), betonte Institutsleiterin sowie Prodekanin Professorin Anke Huckauf bei der Einrichtungsfeier des Stiftungsfonds.
„Im Namen der Universität Ulm bedanke ich mich bei der Stifterin und ihrer Familie für die großzügige Zuwendung, die unsere psychologische Forschung in den Bereichen Diagnostik, Prävention und Therapie weiter voranbringt“, sagte Professorin Olga Pollatos, Uni-Vizepräsidentin sowie Leiterin der Abteilung Klinische und Gesundheitspsychologie.