Julias-Maximilians-Universität Würzburg |
06.08.2018 15:05
Wirkungsweise von Pilz-Medikamenten
Forscher der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) haben die
Funktionsweise eines wichtigen Wirkstoffs gegen Pilzerkrankungen weiter
aufschlüsseln können. Über ihre Arbeit berichtet die aktuelle Ausgabe des
Fachmagazins „Nature Communications“.
Aspergillus fumigatus ist ein Schimmelpilz und Verursacher schwerer und häufig tödlich
verlaufender Infektionen beim Menschen. Menschen mit stark geschwächtem Immunsystem,
etwa nach einer Stammzell- oder einer Organtransplantation, sind davon betroffen. Zur
Therapie etwa der „invasiven Aspergillose“ gibt es nur eine begrenzte Zahl an Antimykotika.
Diese Mittel sind sozusagen das Pilz-Gegenstück zu Antibiotika. Forscher der JMU konnten
nun neue Details zur Wirkweise der aktuell wichtigsten Antimykotika-Klasse, den
sogenannten Azolen, entschlüsseln.
Azole entfalten ihre Wirkung durch Hemmung der Ergosterol-Biosynthese. Ergosterol erfüllt
in Pilzzellen eine ähnliche Funktion wie das Cholesterin in menschlichen Zellen und arbeitet
unter anderem als „Weichmacher“ an der Zellmembran. Dies ist von Bedeutung, damit die
Membran flexibel, beweglich und somit widerstandsfähig ist und der Zellinhalt dadurch
geschützt bleibt.
Erst fungistatisch, dann fungizid
Je nach Pilzart, so der bisherige Stand der Wissenschaft, wirken Azole entweder
wachstumshemmend oder abtötend. Auf Hefepilze, wie etwa Candida albicans, wirken Azol-
Antimykotika üblicherweise fungistatisch (wachstumshemmend) und auf Aspergillen,
beispielsweise A. fumigatus, wirken sie fungizid (abtötend).
„Wir konnten zeigen, dass Azol-Antimykotika initial auch eine fungistatische Wirkung auf A.
fumigatus haben“, sagt Dr. Johannes Wagener, Hauptautor der im Fachmagazin Nature
Communications veröffentlichten Arbeit. Stunden später kommt es dann erst zur Aktivierung
eines „Zellwandstress-Signalwegs“ und zur unkontrollierten Synthese pilzlicher Zellwand. „Es
bilden sich Einstülpungen, so genannte „Patches“, die Zelle hat Stress und letztlich kommt
es zur Zelllyse: Die Zelle stirbt“, erklärt Wagener.
Frühere Erkennung von Resistenzen möglich
„Dieser zusätzliche fungizide Effekt ist abhängig von der Atmungskette des Pilzes und lässt
sich durch gleichzeitige Hemmung der Zellwandsynthese abmildern“, sagt Wagener weiter.
Die exzessive Synthese von Zellwand lässt sich mikroskopisch nachweisen und könnte
somit in Zukunft zur frühzeitigen Diagnose einer Azol-Resistenz herangezogen werden.
„Die Auswirkungen von Azol-Antimykotika auf die Zellwandsynthese und Zellwandintegrität
waren für uns völlig unerwartet“ sagt Wagener, der an der JMU am Lehrstuhl für
Medizinische Mikrobiologie & Mykologie bei Professor Oliver Kurzai arbeitet. Es gibt andere
Antimykotika, die an den Zellwänden ansetzen. „Somit gibt es nun zwei völlig
unterschiedliche Antimykotika-Klassen mit völlig unterschiedlichen Wirkungsmechanismen,
die nun in einen unerwarteten Zusammenhang gebracht werden können“, sagt Wagener.
„Außerdem konnten wir zeigen, dass die durch Azole induzierte Zellwandsynthese in Azolresistenten
Aspergillus-Isolaten unterbleibt“, so Wagener. Azol-Resistenzen seien ein
ernstzunehmendes Problem in bestimmten Regionen, etwa den Niederlanden. Die Azolinduzierte
Zellwandsynthese könnte daher zur Unterscheidung von Azol-resistenten und
Azol-empfindlichen Aspergillus-Isolaten genutzt werden.
„Die Arbeit ist interessant, weil sie nicht nur neue Erklärungsansätze für die unterschiedliche
Wirkung dieser Medikamente auf verschiedene Pilze ermöglicht, sondern eventuell auch die
Basis für neue therapeutische Ansätze oder neue Verfahren zur Resistenztestung bietet“,
sagt auch Lehrstuhlinhaber Professor Oliver Kurzai.
Für die weitere Forschungstätigkeit von Wagener und Kurzai bedeuten die aktuellen
Ergebnisse: „Wir müssen uns weiter um die genaue Aufklärung des Wirkmechanismus
kümmern. Eine Frage wäre etwa: Wieso machen Azole Patches?“
Kontakt Dr. Johannes Wagener, Oberarzt, Facharzt für Mikrobiologie, Virologie und
Infektionsepidemiologie, Institut für Hygiene und Mikrobiologie, T.: +49-(0)931-31-84941,
E-Mail: j.wagener(AT)hygiene.uni-wuerzburg.de