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VON HENNING ZUEHLSDORFF  |  24.08.2010 07:29

Leuphana fordert Umdenken bei Hochschulzulassung

Die Leuphana Universität Lüneburg setzt sich für eine Neubewertung der Rolle des Abiturs für den Hochschulzugang in Deutschland ein.

Angesichts der bedenklich stagnierenden Studierquote und des demografischen Wandels fordert Universitäts-Präsident Sascha Spoun die Universitäten auf, alle bereits vorhandenen Möglichkeiten zu nutzen, talentierten Studienbewerbern unabhängig von ihrer Abiturnote den Zugang zur Hochschule zu öffnen. „Talent geht vor Note“, sagte Spoun in Lüneburg. „Deshalb müssen wir endlich zu einem Zulassungssystem kommen, das die Persönlichkeit der Bewerberinnen und Bewerber zur Geltung bringt und nicht einseitig auf das Schulzeugnis schielt.“

Die Leuphana praktiziert seit 2007 ein neuartiges Auswahlverfahren für die Vergabe von Studienplätzen. In mehr als 80 Prozent der Studienfächer können die Studienbewerber durch ihr außerschulisches Engagement, gutes Abschneiden bei einem Studierfähigkeitstest oder in Auswahlgesprächen ihren Rangplatz im Bewerbungsverfahren verbessern. Zuletzt haben dies rund 2000 Studierwillige in Lüneburg genutzt.

Das Auswahlverfahren ist auf die Anforderungen des interdisziplinären Bachelorstudiums am Leuphana College zugeschnitten. In einem etwa vierstündigen Studierfähigkeitstest werden beispielsweise die Fähigkeit zum Lösen von Problemen, analytisches und vernetztes Denken ebenso getestet, wie präziser Umgang mit Sprache oder die Fähigkeit, Inhalte zu strukturieren. Das Testverfahren, entwickelt vom renommierten Institut für Test- und Begabungsforschung (ITB Consulting GmbH), ist im Hinblick auf wissenschaftliche Qualitätsstandards vergleichbar mit weltweit eingesetzten Studierfähigkeitstests wie dem US-amerikanischen Scholastic Aptitude Test. Strukturierte Auswahlgespräche in einzelnen Studienfächern sind ein weiterer Bestandteil des Verfahrens, in dem auch besondere außerschulische Leistungen und Engagement zum Tragen kommen.

„In Lüneburg haben wir das Modell verwirklicht, das die Blaupause für die künftige Zulassungspraxis in Deutschland sein kann,“ sagte Leuphana-Präsident Spoun. Zwar räumte er ein, dass diese aufwändige Form des Auswahlverfahrens für große Universitäten problematisch sein könne. Er will aber nicht ausschließen, „dass auch dort in einigen Bereichen eine überfällige Abkehr von herkömmlichen Auswahlverfahren möglich ist.“

Nach Auffassung der Leuphana brauchen die Universitäten künftig stärker als je zuvor Studierende, die zu ihnen passen. Hintergrund ist der demografische Wandel. Er wird zu einem sich weiter verschärfenden Wettbewerb der Universitäten untereinander und zu einer deutlichen Differenzierung und Profilierung der Hochschulen in Deutschland führen. Spoun: „Dies bedeutet, dass auch die Zulassungsverfahren auf die Besonderheiten der jeweiligen Universität zugeschnitten werden müssen. Unser System gibt uns die Möglichkeit, studienbezogene kognitive Fähigkeiten zu erfassen, die für das Studium in Lüneburg wesentlich sind. So finden wir die Studierenden, deren Profil ideal zu unserem Universitätsmodell passt und sichern damit Studienerfolg und Qualität der Absolventinnen und Absolventen.“

Mittelfristig wünscht sich Spoun auch deutlich mehr junge Menschen ohne Abitur an den Hochschulen. In der universitären Weiterbildung treibt die Leuphana mit ihrer Professional School das Thema „Offene Hochschule“ schon seit Jahren voran, bietet Berufstätigen viele Wege, eine akademische Qualifikation zu erwerben. Jetzt komme es darauf an, so Spoun, erweiterte Möglichkeiten des Hochschulschulgangs auch für Studienanfänger zu nutzen.