VON GUNNAR BARTSCH |
20.12.2017 10:50
SpaceMaster bekommt einen Bruder
Die Uni Würzburg erhält einen neuen Elite-Studiengang. Der englischsprachige Master „Satellite Technology“ trägt dazu bei, den High-Tech-Schwerpunkt „Raumfahrtsysteme und Digitalisierung“ in Unterfranken weiter auszubauen.
Würzburg entwickelt sich weiter zur Technologie- und Raumfahrtstadt. Wie Bayerns Wissenschaftsminister Ludwig Spaenle vor Kurzem bekannt gab, kann die
Julius-Maximilians-Universität (JMU) den neuen Elitestudiengang „Satellite Technology – Advanced Space Systems“ (SaTec) einrichten.
Vorbereitung auf Führungspositionen
Die Vorlesungen in dem internationalen, englischsprachigen Masterstudiengang SaTec sollen zum Wintersemester 2018/19 starten. Die Teilnehmer – ausgewählte hervorragende Studierende – erhalten eine anspruchsvolle, interdisziplinäre Ausbildung im Raumfahrt-Systemdesign sowie in verschiedenen Anwendungsbereichen, wie etwa Erdbeobachtung und Satelliten-Kommunikation. Durch eine intensive individuelle Betreuung werden die Studierenden optimal für Führungspositionen vorbereitet.
SaTec ergänzt den seit 2005 an der JMU laufenden internationalen Studiengang „SpaceMaster – Master in Space Science and Technology“. Dieser wird im EU-Elite-Programm Erasmus Mundus gefördert und zieht regelmäßig etwa 600 Bewerbungen pro Jahr aus der ganzen Welt an, von denen die jeweils besten 50 ihr Studium im ersten Semester in Würzburg aufnehmen können.
Klein-Satellitentechnologien im Mittelpunkt
Der neue bayerische Elite-Studiengang wird diesen „SpaceMaster“ im Bereich fortgeschrittener Technologien und Anwendungen weiter ausbauen. Schwerpunkte bilden dabei die Gebiete „New Space“ und Digitalisierung. In seinem Mittelpunkt stehen Klein-Satellitentechnologien und deren Anwendungen in der Telekommunikation und der Erdbeobachtung – Entwicklungen also, die sich durch einen besonders hohen Nachwuchsbedarf auszeichnen.
Die Luft- und Raumfahrtindustrie beschäftigt in Bayern aktuell mehr als 60.000 Menschen und erwirtschaftet einen jährlichen Umsatz von rund sieben Milliarden Euro. Sie bietet ein besonders forschungsintensives Feld mit attraktiven Arbeitsplätzen für Hochqualifizierte. Der steigende Bedarf an Nachwuchs in diesem Arbeitsgebiet sorgt für herausragende Berufschancen für die Absolventen der Würzburger Studiengänge.
Moderne Informatik- und Elektronik-Methoden
Professor Klaus Schilling, Inhaber des Lehrstuhls für Informatik VII (Robotik und Telematik) an der JMU und Sprecher von SaTec, freut sich besonders darüber, „dass alle in der Raumfahrt in Bayern tätigen Institutionen hier mithelfen und einen Beitrag in Form von Spezial-Vorlesungen, Exkursionen und Masterarbeitsbetreuung einbringen“.
Der Schwerpunkt in dem Elitestudiengang liegt bei der Nutzung moderner Informatik- und Elektronik-Methoden, wohin sich aktuell in der Raumfahrt die Forschungsschwerpunkte und die Wertschöpfung verlagert haben. Dem interdisziplinären Charakter der Raumfahrt entsprechend wird SaTec durch das Institut für Informatik koordiniert und durch die Institute für Geographie, Mathematik und Chemie/Funktionswerkstoffe unterstützt.
Wachsende Intelligenz kompensiert Defizite
Dass der Studiengang in der Technischen Informatik angesiedelt ist, liegt nach Schillings Worten auf der Hand. Schließlich sie „die wachsende Intelligenz an Bord der Satelliten aktuell die entscheidende Technologie“, so Professor Schilling. Dank fortgeschrittener Software im Bereich der Fehlerdiagnose und Fehlerkorrektur, sowie durch Filter- und Regelungsalgorithmen, könnten die Defizite kostengünstiger Miniaturisierung, wie zum Beispiel eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber der intensiven Störstrahlung im Weltraum, wieder ausgeglichen werden.
„Diese Spezialitäten der Würzburger Informatiker sind bundesweit einmalig und führten mittlerweile schon zum Entstehen eines ganzen Raumfahrt-Ökosystems über die beiden Elitestudiengänge hinaus in Würzburg“, sagt Schilling und nennt als Beispiele das unabhängige Forschungsinstitut „Zentrum für Telematik“ und die Firma „S4 – Smart Small Satellite Systems GmbH“ – letzteres eine Ausgründung der Uni.
Acht Kleinst-Satelliten in Würzburg im Bau
Acht Kleinst-Satelliten in besonders zukunftsträchtigen Technologien werden nach Schillings Worten aktuell in Würzburg realisiert. Die Spannbreite dieser Technologien reicht von abhörsicherer Telekommunikation mit Quantentechnik über optische Datenübertragung mit verschränkten Photonen bis zur 3D-Erdbeobachtung mittels Satellitenformationen. Die dabei entwickelten innovativen Raumfahrt-Lösungen werden übrigens auch in irdische Anwendungen umgesetzt und finden beispielsweise bei lokalen Betrieben Einsatz in gemeinsamen „Industrie 4.0“-Projekten.
Internationale Partner von SaTec sind unter anderem die TU München, die Uni der Bundeswehr München, das Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik Garching, DLR Lampoldshausen und Oberpfaffenhofen sowie Fraunhofer IS. Mit im Boot sind außerdem internationale Organisationen wie die Europäische Raumfahrtagentur ESA, die International Federation on Automatic Control IFAC, die International Astronautical Federation IAF, die International Academy of Astronautics IAA und das United Nations Office for Outer Space Affairs. Darüber hinaus beteiligen sich auch führende Raumfahrtunternehmen an dem Studienangebot, wie etwa Airbus DS, OHB Space, IABG und – als regionale Partner – die Wittenstein AG, Fraunhofer ISC und das Zentrum für Telematik.
Bayerische Elitestudiengänge
Die Einrichtung von nur zwei neuen Elitestudiengängen in den Natur- und Ingenieurwissenschaften, Mathematik und Informatik im Rahmen des Elitenetzwerks Bayern hat Wissenschaftsminister Ludwig Spaenle in der vergangenen Woche vermeldet.
Mit den Elitestudiengängen verfolgt das bayerische Wissenschaftsministerium das Ziel, „herausragende Studierende zu fachlichen Spitzenleistungen zu führen und gleichzeitig Persönlichkeiten zur Entfaltung zu bringen, die nach Abschluss des Studiums auf die großen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts in Forschung, Wirtschaft und Gesellschaft vorbereitet sind und dabei gesamtgesellschaftliche Verantwortung übernehmen wollen und können.“
Wissenschaftsminister Spaenle betonte bei der Bekanntgabe in München: „Eine passgenaue Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses ist mir ein sehr wichtiges Anliegen. Begabtenförderung ermöglicht die maximale Umsetzung von Bildungsgerechtigkeit und ist deshalb Kernstück der bayerischen Bildungspolitik. Mit dem Elitenetzwerk Bayern unterhält der Freistaat seit nunmehr über zehn Jahren ein modellbildendes, bundesweit einzigartiges und nachhaltiges Instrument zur Begabtenförderung vom Abitur bis in die Postdoc-Phase hinein.“