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VON KATRIN KELLER  |  09.06.2017 10:42

Optisches Messsystem

Jade Hochschule entwickelt optisches Messsystem zur Prüfung von Schweißnähten unter Wasser

Unterwasserbauwerke wie Brücken, Offshore-Windkraft- oder Hafenanlagen sind hohen statischen, dynamischen und auch korrosiven (durch den Betrieb und das Wasser) Belastungen ausgesetzt. Der Zustand der Bauteile, insbesondere der Schweißnähte, muss entsprechend geltender Normen und Richtlinien regelmäßig überprüft werden. Bisher sind hierfür Taucher im Einsatz, die die Nähte sichten und kontrollieren. Deren Einsätze sind teuer und zeitlich begrenzt (ein Tauchgang dauert max. 40 Minuten). Zudem sind die Ergebnisse ungenau und subjektiv, da die Prüfung von den Fähigkeiten des Beobachters abhängt. Wissenschaftler der Jade Hochschule entwickeln derzeit eine automatisierte, hochgenaue Alternative zur dreidimensionalen Oberflächenvermessung von Schweißnähten unter Wasser.

Herausforderung
„Das Messsystem muss hohe Anforderungen erfüllen, da im Gegensatz zu Messungen an der Luft unter Wasser veränderte, sich variierende Brechungseigenschaften des Lichts herrschen“, erklärt Projektleiter Prof. Dr. Thomas Luhmann vom Institut für Angewandte Photogrammetrie und Geoinformatik. Zudem würden Strömungen, Algen, Schwebstoffe und Sedimente die Messungen erschweren. Eine weitere Herausforderung sei die Größe möglicher Risse in den Schweißnähten. „Untersucht werden kleinste Detailstrukturen von einem zehntel Millimeter“, sagt der wissenschaftliche Mitarbeiter Oliver Kahmen. „Das entspricht in etwa der Dicke eines Haares und liegt an der Grenze des natürlichen Auflösevermögen des menschlichen Auges.“

Optisches dreidimensionales Messverfahren
In einem Vorgängerprojekt startete Luhmanns Team bereits mit der Entwicklung eines Messsystems: Zwei Kameras, welche nebeneinander angeordnet sind, beobachten eine Linie, die von einem Laser erzeugt wird und über die Schweißnaht bewegt wird. Die Laserlinie ist auch bei der Dunkelheit unter Wasser gut zu erkennen. Jede Kamera misst zweidimensionale Bildkoordinaten, wodurch 3D-Koordinaten berechnet werden können. „Wir brauchen zwei Kameras, so wie wir beide Augen brauchen, um dreidimensional sehen zu können“, erklärt Kahmen. Aktuell entwickelt er ein Unterwassergehäuse für das System, das trotz des hohen Wasserdrucks eine geometrische Stabilität wahren kann. „Das System testen wir erst an Land, dann im Aquarium im Labor und schließlich in einem Hafenbecken zum Beispiel an unserem Studienort Elsfleth“, sagt Kahmen. Neben der Objektivität und der hohen Qualität der Daten des Kamerasystems sei ein entscheidender Vorteil, dass sämtliche Daten gespeichert werden können. Da die Messungen regelmäßig durchgeführt werden müssen, können die Daten auch über Jahre noch ausgewertet und verglichen werden, sodass ein Verformungsprozess dokumentiert werden kann.

Zukunftsmusik
Ob neue Messmöglichkeiten dazu führen, dass Vorschriften geändert werden, sei eine andere Frage, macht Luhmann deutlich. „Unsere Kompetenzen liegen in der Messtechnik.“ Langfristig wäre aber denkbar, dass das Messsystem mit autonomen Unterwasserfahrzeugen, wie sie in einem anderen Forschungsprojekt der Jade Hochschule derzeit entwickelt werden, an die Prüfstellen gebracht wird. „So könnte das System auch an schwierigen Orten, beispielsweise im Havariefall oder zur Untersuchung von Wrackteilen zum Einsatz kommen“, sagt Luhmann. Aber das sei noch Zukunftsmusik.

Das Forschungsprojekt „Entwicklung eines kompakten Prototyps zur hochgenauen 3D-Oberflächenmessung unter Wasser“ wird durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) gefördert und läuft noch bis Ende 2019.