VON Andrea Weber-Tickermann |
02.06.2016 11:01
Mensch und Technik als Partner im Straßenverkehr - EU fördert "AutoMate"-Projekt mit 5 Mio. Euro
Die Europäische Union fördert im Zuge des Forschungsprogramms „Horizon 2020“ ein internationales Großprojekt zum hochautomatisierten Fahren mit insgesamt fünf Millionen Euro. Gut 670 000 Euro davon erhalten Forscher der Universität Ulm. Im Mittelpunkt des „AutoMate“-Projektes steht die Entwicklung eines ausgereiften Konzepts zur optimierten Mensch-Maschine-Interaktion. Fahrer und Fahrzeugtechnik bilden dabei ein Team aus sehr unterschiedlichen Partnern, die jeweils besondere Eigenschaften und Fähigkeiten einbringen. Die Herausforderung: die Partner sollen sich gegenseitig verstehen und unterstützen.
Die Europäische Union fördert im Zuge des Forschungsprogramms „Horizon 2020“ ein Projekt zum hochautomatisierten Fahren mit insgesamt fünf Millionen Euro. Gut 670 000 Euro davon erhalten Forscher der
Universität Ulm.
Mit an Bord sind Professor Klaus Dietmayer, Leiter des Instituts für Mess-, Regel- und Mikrotechnik, sowie Professor Martin Baumann, der am Institut für Psychologie und Pädagogik die Abteilung Human Factors leitet. Beide sind Mitantragsteller im sogenannten „AutoMate“-Projekt, das von Dr. Andreas Lüdtke vom Oldenburger Institut für Informatik (OFFIS e.V.) federführend koordiniert wird. Gemeinsam mit anderen Forschern und Entwicklern aus Deutschland, Frankreich, Italien und der Slowakei arbeiten die Ulmer daran, den Austausch zwischen Fahrer und Fahrzeug für das hochautomatisierte Fahren zu verbessern. Im Mittelpunkt steht dabei die Entwicklung eines ausgereiften Konzepts zur optimierten Mensch-Maschine-Interaktion.
Beim hochautomatisierten Fahren übernehmen technische Systeme im Fahrzeug mehr und mehr die Aufgaben des Fahrers. „Auch wenn die Forschung in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht hat, gibt es noch immer Situationen, in denen der Mensch dem technischen System klar überlegen ist. Der Traum vom vollständig selbstfahrenden Auto wird sich in den nächsten Jahren sicher nicht erfüllen“, sagt der Ingenieur Dietmayer. Der Wissenschaftler spricht daher lieber vom hochautomatisierten als vom autonomen Fahren. In Grenzfällen, in denen die Technik überfordert ist, wird der Mensch also noch eine Weile das Steuer übernehmen müssen. Die „AutoMate“-Forscher arbeiten daher an einem partnerschaftlichen Konzept der Zusammenarbeit zwischen Fahrer und Fahrzeug. „Mensch und Technik bilden dabei ein Team aus zwei sehr verschiedenen Partnern, die sich jeweils mit ganz unterschiedlichen Eigenheiten und Kompetenzen einbringen“, erklärt der Psychologe Baumann. Während die Technik hervorragend mit Routinen umgehen kann, die den Fahrer häufig ermüden, ist der Mensch meist besser in der Einschätzung von Ausnahmesituationen, die regelabweichende Fahrmanöver verlangen.
Fahrer und Fahrzeug agieren als Mitglieder eines Teams
„Der Mensch akzeptiert Technik nur, wenn er ihr vertraut. Doch dafür fehlt den heutigen Automatisierungssystemen häufig die Transparenz. Für den Fahrer ist schwer zu erkennen, wann die Technik überfordert ist“, so Baumann. Eine zentrale Herausforderung des „AutoMate“-Projektes liegt daher in der Erarbeitung eines sogenannten „TeamMate Car“-Konzepts. Die Idee dahinter: Fahrer und Fahrzeug agieren als Mitglieder eines Teams, die sich gegenseitig verstehen und dabei unterstützen, sicher, effizient und komfortabel ans Ziel zu kommen. Im Mittelpunkt steht dabei das so genannte „TeamMate“-System, das die automatisierten Funktionen koordiniert und dabei sowohl den Bedürfnissen des Fahrers als auch den Anforderungen der Situation gerecht wird. Dazu sollen über Sensorsysteme Daten zur Fahrtüchtigkeit und zum Fahrverhalten des Fahrers ermittelt und an das System weitergegeben werden. „Der Mensch hingegen erhält über die zu entwickelnde Fahrer-Fahrzeug-Schnittstelle Einblicke in den Aktivitätszustand des Systems und kann sich so ein Bild davon machen, wann die Automatik die Situation voll im Griff hat und wann eben nicht“, ergänzt Baumann.
Aufgabe der Ulmer Forscher ist es zudem, die Entwicklung von Algorithmen zu unterstützen, die den Zustand des Fahrers für das „TeamMate“-System zuverlässig erfassen können. Dafür werden vom Team um Professor Martin Baumann am Fahrsimulator Daten darüber gesammelt, wie Menschen bestimmte Verkehrssituationen wahrnehmen, welche Schlüsse sie daraus ziehen und wie sie sich letztendlich in den entscheidenden Momenten verhalten. Die Mannschaft von Professor Klaus Dietmayer wird sich hingegen um die Entwicklung von Situationsmodellen des hochautomatisierten Fahrzeugs kümmern, die in der Lage sind, bei der Planung der eigenen Handlung und Fahrtrajektorie auch das vermutliche Verhalten anderer Verkehrsteilnehmer mit einzubeziehen.
Eine Schnittstelle optimiert die Kommunikation zwischen Fahrer und Fahrzeug
Das Ulmer Team ist zudem zuständig für die Entwicklung von Konzepten der Fahrer-Fahrzeug-Schnittstelle des „TeamMate Car“. So muss festgelegt werden, welche Art von Informationen für den Menschen hilfreich ist und wie viel er davon über einen längeren Zeitraum sinnvoll verarbeiten kann. Über diese Schnittstelle soll das System dann zugleich reibungslos zwischen manueller und autonomer Steuerung hin- und herschalten, um den Fahrvorgang möglichst sicher und effizient zu machen. An der Universität Ulm soll zudem der so genannte „Demonstrator“ für das „TeamMate Car“ entwickelt werden, mit dessen Hilfe die Funktionstüchtigkeit des Konzepts gezeigt werden soll – und zwar sowohl im Fahrsimulator als auch im echten Fahrzeug.
Die Laufzeit des Projektes „AutoMate“, das im September startet, beträgt insgesamt drei Jahre. Beteiligt sind an dem internationalen Projekt neben den drei deutschen Forschungseinrichtungen OFFIS, Universität Ulm und Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) auch das französische Forschungsinstitut VEDECOM. Mit von der Partie sind zudem die italienischen und französischen Automobilhersteller CRF und PSA, die Zulieferunternehmen Broadbit und Continental Automotive France SAS sowie die Firmen HuMaTects und RE:LAB.
„AutoMate“ soll die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Automobilindustrie stärken
„Wir wollen mit `AutoMate´ nicht nur die Sicherheit und Effizienz im Straßenverkehr verbessern, sondern auch die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Automobilindustrie stärken“, sagt Dr. Andreas Lüdtke von OFFIS. Vor Augen haben die Forscher dabei insbesondere die Konkurrenz aus den USA. So gehen beispielsweise mit dem Google-Car insbesondere US-amerikanische IT-Unternehmen beim autonomen Fahren in die Offensive.