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VON Robert Emmerich  |  02.03.2016 10:21

Das Internet als Klimakiller - Informatiker erhält Google Research Award

Mit dem Google Research Award erhalten Professor Samuel Kounev und sein Wissenschaftlerteam einen hochdotierten Preis für ihre Forschung. Die Würzburger Informatiker setzten sich mit ihrem Projekt zur effizienteren Serverauslastung gegen 800 andere Bewerber aus 48 Ländern durch.

Der Download des neuen Lieblingssongs, der Streaming-Service für die angesagten Kinohits oder das Online-Shopping – mittlerweile werden zahllose Online-Services im Internet angeboten und auf Handy, Tablet oder Computer genutzt. Täglich laufen Server in Rechenzentren auf Hochtouren, um die vielen Anforderungen der Nutzer zu bewältigen.

Doch aktuell arbeiten die Server zu ineffizient, sagt Informatikprofessor Samuel Kounev von der Uni Würzburg. Seine Vision: Systeme, die selbstständig hohe Auslastungen vorhersagen und sich auf solche Lastspitzen vorbereiten oder sich für Phasen mit geringer Auslastung selbst abschalten.

Das Internet als Klimakiller

„Heutzutage gibt es weltweit riesige Rechenzentren, in denen die Mehrheit der Server nicht ausgelastet ist. Diese Server müssen aber trotzdem ständig betriebsbereit sein, um auf etwaige Anfragen von Internetnutzern reagieren zu können“, so Kounev. Das treibe Betriebs- und Energiekosten gewaltig in die Höhe. Gerade Server in Rechenzentren tragen einen beträchtlichen Teil zum Ausstoß von Kohlendioxid bei. „Weltweit produzieren Rechenzentren ungefähr so viel CO2 wie der Flugverkehr.“ Das sei zu viel.

Gemeinsam mit seinem wissenschaftlichen Mitarbeiter Simon Spinner forscht der Informatiker schon lange daran, Server zukünftig effizienter zu nutzen, um eine ressourcenschonende Internetnutzung zu ermöglichen. Sich für eine nachhaltige Nutzung des Internets in der Zukunft stark zu machen – ein Vorhaben, das auch die Firma Google für vielversprechend hält und im Herbst 2015 mit ihrem Google Research Award ausgezeichnet hat.

Der Preis ist mit umgerechnet 63.000 Euro dotiert. Rund 800 Forschungsteams hatten ihre Projekte einer Jury vorgelegt. Neben der Harvard University oder der Stanford University konnten auch die Würzburger Informatiker mit ihrer Forschung überzeugen. Insgesamt 113 Projekte werden weltweit mit einem Google Award gefördert.

Dem Internetnutzer immer einen Schritt voraus

Damit Server effizienter arbeiten, müssen Lastspitzen vorhergesagt werden. „Statt wie bisher darauf zu warten, dass die Systeme auf erhöhte Auslastung reagieren, versuchen wir Verfahren zu entwickeln, die diese Lastspitzen zuverlässig voraussagen und entsprechend Ressourcen zur Verfügung stellen können“, erklärt Simon Spinner.

Gemeinsam mit Kounev arbeitet der Doktorand daran, die bisherigen statistischen Methoden zur Schätzung von Ressourcenverbräuchen miteinander zu kombinieren um deren Zuverlässigkeit und Genauigkeit zu verbessern. Denn jedes Verfahren hat andere Stärken. Und nicht immer liefert die Schätzmethode wirklich zuverlässige Ergebnisse über den tatsächlichen Ressourcenverbrauch.

LibReDE – so haben die Informatiker das von ihnen entwickelte IT-Werkzeug getauft, mit dem sogenannte „resource demands“ besser eingeschätzt werden können. Das Programm steht allen Spezialisten als Open-Source zur Verfügung. Mit ihrer Forschung leisten die Würzburger wichtige Pionierarbeit auf diesem Gebiet. Denn bisher mussten die einzelnen Verfahren manuell ausgewählt werden – ein zeitaufwändiger und fehleranfälliger Prozess.

Enge Zusammenarbeit mit den Partnern im Silicon Valley

Regelmäßig telefonieren Kounev und Spinner dabei mit ihren Partnern im Silicon Valley, um sich über neue Ideen und Forschungsansätze zu beraten. Für die Universität Würzburg und Google ist diese Zusammenarbeit eine Win-win-Situation, sagt Kounev: „Wir können durch das großzügige Preisgeld Forschungsstellen und neues Equipment finanzieren, um uns so voll und ganz auf unsere Arbeit zu konzentrieren.“

Zurzeit arbeiten die Informatiker daran, ihre Verfahren in einer Fallstudie mit Google in der Praxis zu testen. „Es wäre die Krönung unserer Arbeit, unsere Instrumente an Daten der Google-Server anzuwenden“, sagt Spinner. Doch bis dahin müssen noch rechtliche Bedenken aus dem Weg geräumt werden: Erst wenn alle Daten anonymisiert sind, kann die Fallstudie durchgeführt werden. Das fränkische Forschungsteam ist zuversichtlich, bald erste Praxistests gemeinsam mit Google durchführen zu können.