VON Mareike Behnel |
07.12.2015 17:09
„Medinetz Ulm“ verbessert die medizinische Versorgung von Flüchtlingen
Ehrenamtliche Studierenden-Initiative mit Landessonderpreis ausgezeichnet
Hunderttausende Menschen sind seit Jahresbeginn nach Deutschland geflüchtet. Viele von ihnen benötigen dringend ärztliche Hilfe. Eine Anlaufstelle für sie ist die 2009 von Ulmer Medizinstudierenden gegründete Initiative „Medinetz Ulm“. Diese setzt sich für die medizinische Versorgung von Menschen ohne Pass und Krankenversicherung ein und bietet Migranten, Obdachlosen oder Flüchtlingen kostenlose, anonyme Sprechstunden sowie die Vermittlung in ärztliche Behandlung an. Gerade eben wurde der Verein für seinen kontinuierlichen Einsatz in Stuttgart vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg (MWK) mit dem Sonderpreis für herausragendes studentisches Engagement bei der Unterstützung von Flüchtlingen gewürdigt. Der Preis ist mit 5000 Euro dotiert und wurde dieses Jahr zum ersten Mal vergeben.
Medizinische Versorgung sollte für jeden Menschen und unabhängig vom Aufenthalts- oder Versicherungsstatus zugänglich sein, davon sind die Mitglieder der Beratungsstelle Medinetz Ulm überzeugt. Bereits seit 2010 bietet der Verein alle zwei Wochen eine anonyme Sprechstunde für Erkrankte an, denen in Deutschland keine oder nur begrenzt ärztliche Versorgung zusteht. Für diese Leistungen wurden die ehrenamtlich tätigen Studierenden mit dem erstmalig vergebenen Sonderpreis für die Unterstützung von Flüchtlingen ausgezeichnet. Die Jury würdigte insbesondere den elementaren Ansatz, denn die medizinische Beratung bedeute eine existenzielle Hilfe für die betroffenen Personen.
Die 15 aktiven Medinetz-Mitglieder beraten die Hilfesuchenden und vermitteln sie wenn nötig in die Behandlung approbierter Ärzte, die mit dem Verein kooperieren und oft auf ihr Honorar verzichten. Aktuell zählen auch viele Flüchtlinge zu den Patienten, das Hilfsangebot des Vereins richtet sich aber generell an Menschen ohne Pass oder Krankenversicherung, ob Flüchtling, Migrant oder Obdachloser.
„Unser Projekt finanziert sich hauptsächlich über Spenden“, sagt die Medizinerin Undine Birke, die seit fünf Jahren im Verein aktiv ist und drei Jahre im Vorstand tätig war. „Das Preisgeld fließt deshalb in anfallende Behandlungs-, Labor- und Medikamentenkosten sowie in die finanziellen Rücklagen des Vereins. Damit ist sichergestellt, dass Medinetz auch in Notfallsituationen handlungsfähig bleibt.“ Während der Preisverleihung im Neuen Schloss in Stuttgart stellte Undine Birke die Initiative vor, die neben der Krankenversorgung das Ziel verfolgt, die Öffentlichkeit für die gesundheitspolitische Problematik zu sensibilisieren.
Mit den Geehrten freut sich auch die Vizepräsidentin für Lehre und Internationales der
Uni Ulm, Professorin Irene Bouw: „Die Mitglieder von Medinetz Ulm treten in bemerkenswerter Weise kontinuierlich für den Gedanken ein, dass jedem Menschen, unabhängig von Aufenthalts- und Versichertenstatus, ärztliche Hilfe zustehen muss.“ Dieses ehrenamtliche Wirken komme dabei nicht nur den erkrankten Personen, sondern auch den Studierenden selbst zugute, da sie durch ihr Engagement wertvolle Erfahrungen sammeln, so die Vizepräsidentin. Für Professor Tobias M. Böckers, Studiendekan für Humanmedizin an der Universität Ulm, ist die Initiative „beeindruckend, wegweisend und ermutigend“.
Der Sonderpreis für die Unterstützung von Flüchtlingen in Höhe von 5000 Euro wurde dieses Jahr zum ersten Mal und zusätzlich zum allgemeinen Sonderpreis für herausragendes studentisches Engagement während der Festveranstaltung zur zweijährlichen Vergabe der Landeslehrpreise verliehen. Für die musikalische Untermalung sorgte das Weltmusik-Ensemble Leela aus der Popakademie Baden-Württemberg.