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VON Ute Schönfelder  |  28.10.2015 11:25

Rechtsextremismus und Nationalsozialistischer Untergrund

Sozialwissenschaftler der Uni Jena präsentieren am 2. November neues Buch zur Rechtsextremismusforschung / Medienvertreter sind herzlich willkommen

Jena (FSU) Am 4. November 2015 jährt sich die Selbstenttarnung des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) zum vierten Mal. Mehr als 13 Jahre lang hatte die rechtsextreme Terrorgruppe um Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe versteckt aus dem Untergrund gemordet, gebombt und Banken überfallen.

Die Aufdeckung dieser Mordserie ist seither zu einem Wendepunkt im Umgang mit rechter Gewalt und der militanten Neonaziszene in Deutschland geworden, sagt Prof. Dr. Wolfgang Frindte von der Friedrich-Schiller-Universität Jena. „Unabhängig vom besonderen Einzelfall des NSU zeichnen sich in den letzten Jahren vermehrt politisch rechte Tendenzen in der deutschen Gesellschaft ab“, beobachtet der Psychologe und Kommunikationswissenschaftler. Die PEGIDA-Bewegung und ihre Ableger seien für ihn und andere Sozialwissenschaftler von besonderem Interesse. „Weil sie öffentlich äußern, was bisher im Dunkel anonymer Befragung verschwand“, so Frindte. „Die Vielfalt empirischen Materials, das uns beispielsweise durch fremdenfeindliche Debatten in den Sozialen Medien zur Verfügung steht, eröffnet Chancen, unser wissenschaftliches Instrumentarium neu zu justieren.“

Gemeinsam mit seinen Jenaer Kollegen Daniel Geschke, Nicole Haußecker und Franziska Schmidtke hat Wolfgang Frindte nun ein Buch herausgegeben, das entsprechende Ansätze in der Rechtsextremismusforschung vorstellt. „Rechtsextremismus und Nationalsozialistischer Untergrund“ heißt der bei Springer VS erschienene Band, der darüber hinaus die öffentlichen Kontroversen um den NSU diskutiert und neue Präventions- und Interventionsansätze vorstellt.

Der Freistaat Thüringen, in welchem sich der NSU formierte, gehört neben Brandenburg und Berlin zu den Bundesländern, in denen 2014 die meisten fremdenfeindlichen und rechtsextremen Gewalttaten verübt wurden. „Vor allem die Gewalt gegenüber Flüchtlingen hat in den letzten Monaten in Deutschland dramatisch zugenommen“, weiß Frindte. „Angeheizt werden die Übergriffe auf Flüchtlingsunterkünfte insbesondere durch rechtspopulistische Bewegungen, die mit den herkömmlichen und etablierten wissenschaftlichen Definitionen von Rechtsextremismus und sozialwissenschaftlichen Instrumentarien scheinbar nicht mehr zu analysieren sind.“ Die Frage, was sozialwissenschaftliche Beobachtungen in diesem Zusammenhang tatsächlich leisten können, steht im Mittelpunkt des neuen Sammelbands. Ein Großteil der Beiträge geht auf die 27. Jahrestagung Friedenspsychologie zurück, die Frindte und seine Kollegen 2014 an der Universität Jena organisiert hatten.

Das Buch „Rechtsextremismus und Nationalsozialistischer Untergrund“ wird am 2. November 2015 in Anwesenheit der Thüringer Ministerin für Bildung, Jugend und Sport, Dr. Birgit Klaubert, und des Präsidenten der Friedrich-Schiller-Universität Jena, Prof. Dr. Walter Rosenthal, vorgestellt. Die Präsentation des Bandes findet ab 18.30 Uhr in den Rosensälen (Fürstengraben 27) in Jena statt. Medien-Vertreter sind zu dieser Veranstaltung herzlich eingeladen.

Bibliographische Angaben:
Frindte W, Geschke D, Haußecker N, Schmidtke F (Hrsg.): „Rechtsextremismus und „Nationalsozialistischer Untergrund. Interdisziplinäre Debatten, Befunde und Bilanzen“, Springer VS, 2015, 487 Seiten, 39,99 Euro, ISBN 978-3-658-09996-1