VON Axel Burchardt |
23.09.2015 10:39
Bioinformatiker der Universität Jena stellen bislang effizienteste Suchmaschine für molekulare Strukturen online
CSI – den Metaboliten auf der Spur
Jena (US) „CSI: den Tätern auf der Spur“ – in der bekannten amerikanischen Fernsehserie werden Mordfälle mittels präziser Kriminaltechnik gelöst. Mit „Crime Scene Investigation“ haben Prof. Dr. Sebastian Böcker von der
Friedrich-Schiller-Universität Jena
und sein Team zwar nichts zu tun. Doch auch die Bioinformatiker sind erfahrene Spurenleser: Sie fahnden nach molekularen Strukturen von Metaboliten, jenen chemischen Substanzen, die den Stoffwechsel von Organismen bestimmen. „Metaboliten können detaillierte Bestandsaufnahmen über den Zustand von lebenden Zellen liefern“, erläutert Prof. Böcker. Vorausgesetzt es gelingt, die Vielzahl an Metaboliten zu identifizieren und zu quantifizieren.
Und das ist bislang äußerst aufwendig und führt nur teilweise zu eindeutigen Ergebnissen. Doch die Arbeit des Bioinformatikers und seines Jenaer Teams sowie der Wissenschaftler weltweit, die sich mit solcher Grundlagenforschung befassen, wird künftig deutlich leichter werden. Denn die Jenaer Forscher haben gemeinsam mit Kollegen der Aalto-Universität in Espoo (Finnland) eine Suchmaschine entwickelt, die die Identifizierung der molekularen Strukturen von Metaboliten wesentlich vereinfacht. In der soeben erschienenen Ausgabe der renommierten Fachzeitschrift „Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America“ (PNAS) stellen sie ihre Suchmaschine „CSI:FingerID“ vor (DOI: 10.1073/pnas.1509788112).
CSI steht in diesem Fall für Compound Structure Identification und basiert auf der Kombination unterschiedlicher Methoden: Proben der zu untersuchenden Metaboliten werden zunächst einer sogenannten Tandem-Massenspektrometrie unterzogen. „Dabei werden die Moleküle in kleine Fragmente zerlegt und deren molekulares Gewicht bestimmt“, erläutert Böcker. Die resultierenden Spektren geben dann Aufschluss über die Zusammensetzung der Metaboliten, lassen aber noch keine Rückschlüsse auf die Molekülstruktur zu.
Das vorliegende Massenspektrum in eine Strukturformel übersetzen
Jetzt kommt die neu entwickelte Software ins Spiel. Die funktioniert so ähnlich wie eine Internetsuchmaschine: Doch statt nach Suchbegriffen „googeln“ die Bioinformatiker nach Informationen, die das vorliegende Massenspektrum in eine Strukturformel übersetzt. Nach Eingabe der Spektren durchforstet „CSI:FingerID“ diverse Online-Datenbanken, in denen Wissenschaftler weltweit Informationen und Strukturformeln neuentdeckter und altbekannter Metaboliten publizieren. Als Suchergebnis erhalten die Forscher eine Liste an möglichen Kandidaten, die sich hinter ihrem Spektrum verbergen könnten.
„Damit weiß man zwar immer noch nicht eindeutig, um welchen Metaboliten es sich handelt“, so Böcker. „Doch wenn man die Menge an möglichen Substanzen von mehreren Tausend auf vielleicht zehn eingrenzen kann, ist das ein riesiger Fortschritt.“ Da die entsprechenden Datenbanken auch stetig wachsen – durchschnittlich kommen pro Minute weltweit zehn Einträge hinzu – werden die Suchergebnisse auch stetig präziser.
Wie die Bioinformatiker in der nun vorgelegten Publikation zeigen, erreichen sie mit ihrer Methode eine deutlich höhere Trefferquote als andere bisher genutzte Verfahren. Dafür haben sie ihre Suchmaschine mit mehr als 6.000 Testsubstanzen validiert. Die Jenaer Forscher werden „CSI:FingerID“ künftig nicht nur selbst zur Aufklärung von Naturstoffen und anderen Metaboliten nutzen, sondern diese auch der internationalen Forschergemeinschaft zur freien Nutzung zur Verfügung stellen.
Das Portal CSI:FingerID ist im Internet zu finden unter: www.csi-fingerid.org