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VON MELANIE LÖW  |  30.06.2015 09:51

Saarbrücker Forscher ebnen mit Lasertechnik den Weg zur Nanochirurgie

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat das Programm mit insgesamt 16 Millionen Euro unterstützt.

Von der Nanochirurgie über neuartige Stähle und Gassensoren bis zu Pflastern für die Wundheilung – in den vergangenen sieben Jahren haben Wissenschaftler aus ganz Deutschland gemeinsam an neuen Nano-Anwendungen für die Biomedizin und Technik geforscht. Dieses Schwerpunktprogramm „Optisch erzeugte Sub-100nm Strukturen für biomedizinische und technische Applikationen“ wurde von Professor Karsten König von der Universität des Saarlandes und Professor Andreas Ostendorf von der Ruhr-Universität Bochum koordiniert. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat das Programm mit insgesamt 16 Millionen Euro unterstützt.

„In dem Schwerpunktprogramm haben wir uns auf Strukturen konzentriert, die kleiner als 100 Nanometer sind“, erklärt Karsten König, Professor für Biophotonik und Lasertechnologie an der Universität des Saarlandes. So hat Professor König beispielsweise gemeinsam mit der promovierten Biowissenschaftlerin Aisada Uchugonova ein neuartiges Verfahren entwickelt, mit der die Forscher gezielt einzelne Zellen behandeln können. „Mit unserer Lasertechnologie können wir die Zellmembranen für ein paar Sekunden öffnen und genetisches Material in die Zelle schleusen“, erklärt der Professor. Die Saarbrücker Wissenschaftler können auf diese Weise zukünftig etwa Hautzellen zu Stammzellen umprogrammieren. „Diese könnten sich anschließend zu verschiedenen Körperzellen ausdifferenzieren“, so der Laserexperte weiter.

Bei der Technologie kommt ein Femtosekunden-Lasermikroskop zum Einsatz. Das Mikroskop arbeitet mit extrem kurzen Lichtpulsen im nahen infraroten Spektralbereich, wobei der Lichtstrahl in einzigartig präziser Weise fokussiert werden kann. Das Verfahren erlaubt Schnitte und Bohrungen, die 2000-mal feiner als die Breite eines Haares sind. „So ist es möglich, einzelne Zellen und ihre Bestandteile in den Mittelpunkt von Diagnose und Therapie zu stellen“, erklärt der Saarbrücker Professor. Zur Anwendung kommen könnte diese Nanochirurgie künftig etwa, um Herzkreislauferkrankungen zu behandeln. An der Arbeit waren auch Forscher um die Tübinger Professorin Katja Schenke-Layland beteiligt. In einem anderen Teilprojekt haben Saarbrücker Wissenschaftler um Professor Helmut Seidel am Lehrstuhl für Mikromechanik, Mikrofluidik und Mikroaktorik die Lasertechnik dazu genutzt, neuartige Gassensoren herzustellen, die kleinste Mengen Gas wahrnehmen können.

Des Weiteren haben Berliner Forscher des Schwerpunktprogramms an neuen Stählen und Chiptechnologien für die Computerindustrie gearbeitet. Wissenschaftler der Universität Duisburg-Essen haben außerdem neue Wundauflagen mit Nanozink entwickelt, um Brandwunden besser zu behandeln. Jenaer Wissenschaftler um Professor Stefan Nolte haben ferner an einer neuartigen Lasertechnologie geforscht, mit der die Industrie ihre Produkte präziser fertigen kann. Gemeinsam mit den Technologiekonzernen Bosch und Trumpf sind die Forscher 2013 mit dem Zukunftspreis des Bundespräsidenten ausgezeichnet worden.

Das Team um Professor Thomas Klar, der früher an der Universität Ilmenau geforscht hat und mittlerweile das Institut für Angewandte Physik an der Johannes-Kepler-Universität in Linz leitet, hat darüber hinaus ein Lithographieverfahren entwickelt, das es ermöglicht, dreidimensionale Nanostrukturen herzustellen. Thomas Klar ist Experte auf dem Gebiet der sogenannten STED-Lasermikroskopie, einer Technik, für die der Göttinger Professor Stefan Hell 2014 den Chemie-Nobelpreis erhalten hat.

Die DFG hat das Schwerpunktprogramm über zwei Förderperioden unterstützt. Dazu hat sie insgesamt 16 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. In der ersten Phase waren 16 Arbeitsgruppen, in der zweiten Phase 14 Gruppen beteiligt. In den einzelnen Teilprojekten haben jeweils ein Ingenieur mit einem Chemiker, Physiker, Biologen oder Mediziner zusammengearbeitet. Professor König hat das deutschlandweite Programm zusammen mit seinem Bochumer Kollegen Professor Andreas Ostendorf koordiniert.

Mittlerweile sind die wichtigsten Ergebnisse der Forscher in einem Buch „Optically Induced Nanostructures“ zusammengetragen worden. Es ist im De Gruyter Verlag erschienen und online kostenfrei abrufbar.