VON JOHANNES SEILER |
20.02.2015 10:06
Networking ist trainierbar
Networking ist für Stellensuche und Karriere unerlässlich. Obwohl viele Schüler mit den Social Media bestens vertraut sind, helfen ihnen diese Kenntnisse beim Aufbau und der Pflege von beruflich relevanten Kontakten wenig: Diese Online-Netzwerke sind überwiegend privater Natur.
Nora Schütte und Prof. Dr. Gerhard Blickle vom Institut für Psychologie der Universität Bonn haben ein Training für Oberstufenschüler entwickelt, das nachweislich zu einer besseren und aktiveren Nutzung von berufsrelevanten Kontakten führt. In der Ausgabe der „Zeitschrift für Arbeits- und Organisationspsychologie“, die in Kürze erscheint, stellen die Forscher ihre Ergebnisse vor.
Wer im Beruf über ein gutes Netzwerk verfügt, klettert die Karriereleiter meist schneller empor. Doch bereits Schüler sollten sich rechtzeitig mit dem Networking auseinandersetzen. „Junge Menschen sind sich häufig der Chancen nicht bewusst, die gezieltes Networking mit sich bringt“, sagt Prof. Dr. Gerhard Blickle vom Institut für Psychologie der Universität Bonn. Wer einen Ausbildungsplatz oder ein passendes Studienfach sucht, ist auf Informationen angewiesen, um eine kluge Entscheidung treffen zu können. Hierbei helfen zum Beispiel Gespräche mit Personen, die den Wunsch-Job bereits ausüben oder ein entsprechendes Studienfach belegt haben. „Kontakte müssen im Vorfeld aufgebaut werden, damit sie genutzt werden können, wenn wichtige Karriereentscheidungen anstehen“, sagt Nora Schütte, wissenschaftliche Mitarbeiterin von Prof. Blickle.
Wie trainiert man Networking?
Doch wie soll man an diesen nützlichen Personenkreis herankommen und die Kontakte pflegen? „Studien haben ergeben, dass berufliche Themen zum Beispiel bei Facebook kaum von Bedeutung sind“, erläutern die Psychologen. Berufsrelevante Plattformen wie Xing oder LinkedIn würden von Heranwachsenden außerdem kaum genutzt. Die Arbeits-Psychologen der Universität Bonn haben deshalb ein Trainingsprogramm entwickelt, mit dem Oberstufenschüler von Gymnasien den Aufbau von ausbildungs- und berufsrelevanten Netzwerken erlernen. Die Wissenschaftler wählten aus einer Gruppe von Schülern, die sich freiwillig für das Training gemeldet hatten, 25 Teilnehmer aus.
Zunächst stellten die Trainer in einem zweitägigen Seminar den Schülern vor, welche Vorteile berufliche Netzwerke mit sich bringen und auf was es dabei ankommt. Dann simulierten die Schüler in einem Rollenspiel ein Informationsgespräch und diskutierten anschließend anhand der Videoaufzeichnungen, was gut gelaufen ist und was besser hätte gemacht werden können. In Kleingruppen vertieften die Teilnehmer, wie man die richtigen Kontaktpartner auswählen, wie man sich vorbereiten und im Gespräch kommunizieren sollte.
„Das Hauptziel des Informationsgesprächs besteht darin, neue Kontakte aufzubauen und somit das Netzwerk zu vergrößern, bei gleichzeitiger Generierung wichtiger Informationen“, berichtet Schütte. Ein weiteres Thema war, wie man weiter vorgeht, wenn das erste Informationsgespräch wenig ertragreich war. Anschließend bereiteten sich die Teilnehmer auf eine praktische Phase vor, in der drei konkrete Ansprechpartner ausgewählt sowie Informationsgespräche geplant und durchgeführt wurden. „In diesem Trainingsabschnitt sollten sich die Teilnehmer zunehmend selbstständig mit den zu erlernenden Handlungskompetenzen auseinandersetzen“, sagt Prof. Blickle.
Langfristige Verbesserung der Networking-Kompetenz
Binnen neun Monaten wurde die Fähigkeit zum Netzwerkaufbau mehrfach mit Fragebögen erfasst und auch die Meinung der Eltern zu den Fortschritten eingeholt. Bei einem abschließenden Wissenstest schnitten die Teilnehmer durchweg sehr gut ab. Insgesamt konnten die Psychologen auch noch acht Monate nach dem Trainingsbeginn eine Verbesserung der Kompetenz zum Aufbauen von Netzwerken nachweisen. „Der Aufbau eines berufsrelevanten Netzwerkes ist also trainierbar - und das sogar mit einem relativ geringen Zeitaufwand“, bringt es Prof. Blickle auf den Punkt. Es sei gelungen, das Instrument des Netzwerkens auch für Jugendliche in der Berufsfindung fruchtbar zu machen. Die Wissenschaftler der Universität Bonn planen weitere Studien unter anderem mit Teilnehmern anderer Schultypen und zur Frage, wie sich solche Trainings langfristig auf die Zufriedenheit mit Studium oder Beruf auswirken.