VON FRIEDRICH SCHILLER UNIVERSITÄT JENA |
25.09.2014 10:26
Wann ein Krieg doch berechtigt ist
Ciarán Burke ist neuer Professor für Internationales Recht der Universität Jena
Es gibt für Staaten ein Recht auf Selbstverteidigung, aber keines auf Kriegsführung. Doch Kriegsrecht ist auf Kämpfe wie den Zweiten Weltkrieg ausgerichtet, nicht auf aktuelle Konflikte, weiß Prof. Dr. Ciarán Burke von der
Friedrich-Schiller-Universität Jena. Der neue Professor für Internationales Recht untersucht daher, ob es Ausnahmen des Kriegsverbots gibt, die sich aus dem Recht ableiten lassen. Der gebürtige Ire denkt dabei an den Schutz der Menschenrechte, wenn es etwa zum Genozid in einem Land kommt. Der mit 30 Jahren derzeit jüngste Professor der Friedrich-Schiller-Universität versucht, generelle Prinzipien zu entwickeln, damit auch Eingriffe von außen, die der Durchsetzung des Völkerrechts dienen, juristisch geregelt sind.
Dabei ist es Prof. Burke bewusst, dass er auf einem schmalen Grat wandert. Doch er glaubt an Gerechtigkeit und will auch ein wenig dabei helfen, „die Welt zu verbessern“. Dabei ist der polyglotte Wissenschaftler keineswegs naiv. Burke setzt auf „Equity“ – das sind ergänzende Regeln zum gängigen Recht, mit denen Gerechtigkeit geschaffen werden kann. Er hat dieses Thema bereits in seiner Promotion, die er in zweieinhalb Jahren am Europäischen Hochschulinstitut (EUI) in Florenz abgelegt hat, in Bezug auf humanitäre Interventionen rechtsvergleichend dargelegt.
Seine Beschäftigung mit Recht ist seit seinem Studium international angelegt: In Irland, Frankreich, den Niederlanden, Italien, Deutschland und Belgien hat er inzwischen wissenschaftlich gearbeitet. Dass er sich in zehn Sprachen verständigen kann, erwähnt er ebenso wenig wie seine Leistungen im Marathonlauf oder als Hobby-Sänger. Selbst die 14-jährige Schauspielerei in seiner Jugendzeit bliebe unerwähnt, wenn das Gespräch nicht auf seine letzte Anstellung an der Universität Passau käme, wo er als Dozent und Moot-Court-Trainer arbeitete. Diese Erfahrungen mit Gerichtssimulationen, für die etwas Schauspieltalent durchaus förderlich ist, war auch ein wesentlicher Grund für seinen Ruf an die Jenaer Universität. Hier leitet er nun das Law & Language-Center der Rechtswissenschaftlichen Fakultät und ist auch für die Auswahl und Schulung der Studierenden zuständig, die sich für den Philip C. Jessup International Law Moot Court interessieren. Und bei diesem Völkerrechtswettstreit ist das Jenaer Team seit Jahren bundesweit an der Spitze – die Erwartungen an Burkes Training ist hoch.
Doch dem jungen Neu-Jenaer, der sein Studium begonnen hatte, um Richter zu werden und entscheiden zu können, ist die Verstetigung des Erfolgs zuzutrauen. Wenig hat er dem Zufall überlassen, auch wenn er ab und zu von den Glücksfällen seines Lebens berichtet. So hat er beispielsweise das Forschungsinstitut in Florenz vor allem verlassen, weil er sich in der Lehre weiterbilden wollte, die ihm in Italien zu kurz kam. Gut für die Jenaer Studierenden, die er gerne in Form von Diskussionen überzeugen will. Er schätze die Form des Sokratischen Dialogs, sagt Burke.
Noch ist er fast jedes Wochenende unterwegs, um seinen internationalen Verpflichtungen nachzukommen. Doch er reist und denkt gerne global: „Ich fühle mich als Europäer“, sagt er – und man glaubt es ihm. Ebenso wie sein – nicht nur berufliches – Interesse an der Arktis, die international verwaltet wird und daher zu seinen (jungen) Forschungsschwerpunkten gehört. Doch momentan treiben ihn vor allem die zahlreichen bewaffneten Konflikte um: ihre juristische Einordnung, aber vor allem die humanitären Katastrophen, die sie erzeugen – wäre er nicht Wissenschaftler geworden, würde er auch als Geschäftsführer des Roten Kreuzes eine glaubwürdige Figur abgeben.