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DR. UTE SCHÖNFELDER  |  27.05.2013 13:47

AquaDiva – Leben im Untergrund

Deutsche Forschungsgemeinschaft bewilligt Universität Jena neuen Sonderforschungsbereich

Beim Stichwort Biodiversität denken die meisten von uns wahrscheinlich an üppig blühende Wiesen, gemütlich brummende Käfer oder glitzernde Fischschwärme, die sich in harmonischer Choreographie durch azurblaues Wasser bewegen. Doch das Leben auf unserem Planeten ist noch weitaus vielfältiger – vor allem unter Tage. Denn dort spielt sich ein Großteil des Lebens ab. „Wir gehen davon aus, dass ein Drittel bis zur Hälfte der Biomasse auf unserem Planeten unterirdisch produziert wird“, weiß Prof. Dr. Kirsten Küsel von der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Doch bisher werde das „Oben“ und das „Unten“ weitestgehend isoliert voneinander betrachtet, so die Leiterin der Arbeitsgruppe Limnologie-Aquatische Geomikrobiologie. „Das Zusammenspiel ökologischer Prozesse oberhalb und unterhalb der Erdoberfläche ist bislang noch weitgehend unverstanden.“

Doch nun nimmt Prof. Küsel, gemeinsam mit einem großen, interdisziplinären Forscherteam, genau dies in den Blick. Zusammen mit dem Hydrogeologen Prof. Dr. Kai Uwe Totsche von der Uni Jena und Prof. Dr. Susan Trumbore, Direktorin des Jenaer Max-Planck-Instituts für Biogeochemie, koordiniert sie einen neuen Sonderforschungsbereich (SFB) der Universität Jena. Wie die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) heute (24. Mai) bekanntgegeben hat, wird der SFB „AquaDiva“ in der ersten Phase bis 2017 mit bis zu knapp 10 Millionen Euro gefördert. Eine anschließende Verlängerung um zweimal vier Jahre ist möglich. In dem neuen SFB arbeiten Mikrobiologen, Ökologen, Geowissenschaftler und Chemiker aber auch Informatiker und sogar Sprachwissenschaftler zusammen. Neben neun Instituten der Universität Jena sind auch außeruniversitäre Forschungseinrichtungen wie das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ), das Institut für Photonische Technologien e. V. (IPHT) und das Max-Planck-Institut für Biogeochemie beteiligt.

„Dieser neue Forschungsverbund wird in Jena die Brücke zwischen der Biodiversitätsforschung und der Mikrobiologie schlagen und damit langfristig die Lebenswissenschaften stärken“, freut sich Prof. Dr. Thorsten Heinzel. So könne die Universität nicht nur ihr eigenes Forschungsprofil in diesem Bereich schärfen. „Auch die Vernetzung der Universität und ihrer außeruniversitären Partner wird so weiter gefestigt“, macht der Prorektor für Forschung der Friedrich-Schiller-Universität deutlich.

„AquaDiva“ steht sowohl für Wasser („Aqua“) als auch Diversität („Diva“). „Wir wollen klären, welche Rolle diese beiden Komponenten für die Struktur, die Eigenschaften und Funktionen des belebten Untergrunds spielen“, sagt SFB-Sprecherin Küsel. Insbesondere der Teil der sogenannten „kritischen Zone“, die unter den Pflanzenwurzeln beginnt und sich bis rund 100 Meter Tiefe zu den Grundwasserleitern erstreckt, interessiert die Jenaer Forscher. „Diese Zone steckt zwar voller Leben, ist aber noch weitgehend unerforscht“, führt Prof. Trumbore weiter aus. Wie wird diese tiefe Biosphäre von Prozessen an der Erdoberfläche beeinflusst? Wie verlaufen Wasser- und Stoffkreisläufe zwischen oben und unten? Diesen und ähnlichen Fragen wollen sich die Forscher im Rahmen des neuen SFB intensiv widmen. Dazu wollen die Forscher unter der Leitung von Prof. Totsche ein „Critical Zone Exploratory“ (CZE) im Thüringer Becken etablieren, das mit Hilfe verschiedener Feld- und Laboruntersuchungen etwa dem Einfluss der Landnutzung auf Biodiversität und Funktion dieser kritischen Zone nachgehen wird. Sie wird auch als Untersuchungsplattform für unterirdische Biodiversitätsforschung im Rahmen des neuen Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) dienen.

Dies alles sei längst nicht nur Grundlagenforschung, wie Prof. Küsel betont. Dieser Bereich des Untergrunds wird in immer stärkerem Maße auch von menschlichen Aktivitäten beeinflusst: Die Grundwasserleiter im Thüringer Becken sollen als Modellsysteme dienen, auf deren Basis die Folgen solcher Eingriffe besser abgeschätzt werden können. Weltweit komme es durch die Industrie und die Landwirtschaft zu einem verstärkten Eintrag von Stoffen in den Untergrund. Auch die unterirdische Speicherung von Kohlendioxid betreffe diese Zone. „Fundierte Kenntnisse sind deshalb besonders wichtig, da sich aus diesem Bereich das Grundwasser speist, aus dem wir schließlich unser Trinkwasser gewinnen.“