VON CLAUDIA HILLEBRANDT |
13.02.2013 16:14
Sympathie und Literatur
Interdisziplinäre Tagung vom 21. bis 23. Februar an der Universität Jena
Das Phänomen kennt wohl jeder: Während man mit bestimmten Personen gut „kann“, gibt es wieder andere, mit denen man überhaupt nicht „warm“ wird – ja, die einen sogar regelrecht abstoßen und anwidern.
Doch wie ist es etwa um die Sympathie für Romanfiguren oder für deren Autoren bestellt? Diesem innerhalb der Literaturwissenschaft noch wenig erforschten Gebiet widmet sich unter dem Titel „Sympathie und Literatur. Zur Relevanz des Sympathiekonzeptes für die Literaturwissenschaft“ vom 21. bis 23. Februar 2013 eine Konferenz an der
Friedrich-Schiller-Universität Jena. Dr. Claudia Hillebrandt, Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Neuere deutsche Literatur der Uni Jena, hat sie gemeinsam mit ihrer Bochumer Kollegin Dr. Elisabeth Kampmann organisiert. Das Programm ist zu finden unter:
www.uni-jena.de und unter:
www.hsozkult.geschichte.hu-berlin.de.
Die Hintergründe: „Auch im Hinblick auf die Wahrnehmung, Wirkung und Bewertung von historischen Figuren, von Kunstwerken oder Künstlern – spezieller: von literarischen Artefakten – spielt Sympathie eine bedeutsame Rolle“, sagt Hillebrandt. Es sei nämlich durchaus der Fall, dass Autoren oder literarische Figuren von Lesern und Kritikern unter anderem danach beurteilt würden, wie sympathisch sie wirken oder dargestellt werden. So gibt es literarische Figuren – Goethes Werther etwa –, die zu ihrer Zeit sehr beliebt waren. Andererseits lösen Romane mit weltanschaulich fragwürdigem Personal immer wieder Diskussionen aus: Der Protagonist in Umberto Ecos „Der Friedhof in Prag“ ist beispielsweise ein Antisemit. Auch die Figur August Engelhardt aus Christian Krachts als Skandalbuch gehandeltem „Imperium“ befremdet den Leser. Im Verlagsmarketing spielt die Inszenierung von Autoren als Sympathieträger, mitunter auch als ausgesprochene Unsympathen eine wichtige Rolle.
Was den alltäglichen Zugang zur Literatur angeht, kommt der Bewertung, die die Leser an einem Werk oder seinem Autor vornehmen, eine große Bedeutung zu. Auf Seiten der Literaturwissenschaft aber wurde das Sympathiekonzept lange Zeit ignoriert. Zum einen weil es auch auf Geschmacksurteilen gründet, zum anderen wegen der Unschärfe des Begriffs. „Sympathie wurde als theoretisch kaum greifbarer mentaler Prozess mit auch emotionalen Anteilen oder als diffuses kulturelles Konstrukt verstanden – so hat man Sympathie lange für ein Phänomen gehalten, das in wissenschaftlichen Zusammenhängen nicht isolier- und erklärbar ist“, sagt Dr. Hillebrandt.
„Mittlerweile liegen aber neue Forschungsergebnisse zum Beispiel aus der Emotionspsychologie vor, die diese Annahme widerlegen. Es lohnt sich also, die Frage nach dem Verhältnis von Sympathie und Literatur neu zu stellen“, betont die Jenaer Germanistin.
Im Rahmen der durch die Ernst-Abbe-Stiftung sowie durch die Kulturstiftung Hessen-Thüringen geförderten öffentlichen Tagung soll die Relevanz des Sympathiekonzepts für die Literaturwissenschaft interdisziplinär in den Blick genommen werden – unter anderem aus kulturpsychologischer, soziologischer und philosophischer Sicht.