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Alle Lehramtsstudierenden schreiben am Ende ihres Studiums Zulassungsarbeiten. Diese sind häufig sehr theoretisch gehalten. Eine Alternative dazu hat der Lehrstuhl für Didaktik der deutschen Sprache und Literatur der Universität Würzburg entwickelt: Um den Praxisbezug dieser Arbeiten zu steigern, können Studierende sogenannte „Lehr-Lern-Materialien“ für die Erich-Kästner-Bibliothek (EKB) in Oberschwarzach erstellen. Diese Materialien stehen dann Schülern aller Schularten aus der Region zur Verfügung. Erste Ergebnisse liegen bereits vor in Form von Lernstationen zu einzelnen Werken Kästners oder einer Schnitzeljagd auf dem Gelände.
Das Erich-Kästner-Jugenddorf
Seit 1974 trägt das Jugenddorf in Oberschwarzach den Namen Erich Kästners. Kästner persönlich hat dieser Benennung zugestimmt. In der Einrichtung leben und lernen Kinder und Jugendliche, die nicht in ihren Familien aufwachsen können. In ihrem Testament hat Kästners Lebensgefährtin, Luiselotte Enderle, 1991 verfügt, dass ein Teil des Kästner-Nachlasses nach Oberschwarzach gehen soll. Seither werden dort rund 8200 Bücher aus Kästners Bibliothek sowie ein Teil seines persönlichen Besitzes aufbewahrt – darunter auch sein Schreibtisch und seine Schreibmaschine.
Fürs außerschulische Lernen erschließen
Diesen besonderen Ort, an dem Besucher dem Autor vom „Pünktchen und Anton“, „Emil und die Detektive“ oder „Die Konferenz der Tiere“ nahe kommen können, will der Lehrstuhl für Didaktik der deutschen Sprache und Literatur der Universität Würzburg nun auch als einen Ort des außerschulischen Lernens erschließen.
„Angehende Deutschlehrer entwickeln für unterschiedliche Klassen und Schulformen Materialien, mit denen Schüler Annäherungen an den Autor und sein vielfältiges Werk vor Ort erfahren können“, erklärt Lehrstuhlinhaber Professor Dieter Wrobel das Prinzip. Die Studierenden bereiten einzelne Werke auf – von den Kinderbüchern über die Lyrik bis zum Roman „Fabian“ –und konzipieren Arbeitsmaterial, das in der EKB bereitgehalten wird.
Dadurch werde die EKB zu einem „attraktiven außerschulischen Lernort“. Zusätzlich tragen die Materialien dazu bei, die EKB in der Region bekannter und die dort lagernden Schätze Schulen zugänglich zu machen. Das ist auch für Andrea Möhringer, Leiterin des Kästner-Jugenddorfs, ein wichtiges Anliegen.
Die Zulassungsarbeiten
Halbjährlich können nun Absolventen im Fach Deutschdidaktik ihre Zulassungsarbeiten in Kooperation mit der EKB schreiben. „Für die Studierenden bedeutet dies, dass sie keine reinen Theorie-Arbeiten anfertigen, sondern zum Ende des Studiums in hohem Maße Praxisbezug herstellen können“, sagt Dieter Wrobel.
Eben dieser Praxisbezug reize auch die Studierenden, die sich mit großer Motivation und vielen praxistauglichen Ideen ans Werk machen, wie Wrobel sagt. Zurzeit ist bereits der dritte Durchgang aktiv. Und die Palette der aufbereiteten Kästner-Themen wächst ständig. Ziel der langfristig angelegten Kooperation sei ein stetig wachsender Pool an Lernangeboten von der Grundschule bis zur Oberstufe.
Begegnungen mit Literatur an Orten außerhalb der Schule zu ermöglichen, lautet dabei die Herausforderung für die Studierenden. „Bücher alleine sind noch kein Anlass zum Lernen vor Ort“, so Wrobel. Die Studierenden entwickeln deshalb Materialien, mit deren Hilfe sich Schüler an Kästner und seine Texte annähern können. Je nach Alter und Schulart verbringen sie dabei zwischen zwei Stunden und einem halben Tag in Oberschwarzach.
Die ersten Materialien haben die Studierenden jetzt im Rahmen einer kleinen Feierstunde der Erich-Kästner-Bibliothek zur Verfügung gestellt. Die ersten Absolventinnen Caroline Horn, Lisa Keßler und Madline Gailus haben ihre Materialien in Oberschwarzach an Andrea Möhringer übergeben. Weitere Lehr-Lernmaterialien werden folgen.