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VON INFORMATIONSDIENST WISSENSCHAFT  |  07.02.2012 09:34

Reif für die Prüfung?

Im Schuljahr 2013/14 startet die Neue Reifeprüfung in Deutsch für die Allgemeinbildenden Höheren Schulen, ein Jahr später für die Berufsbildenden Höheren Schulen in Österreich. Die ersten Feldtestungen laufen nun im März an. Das Österreichische Kompetenzzentrum für Deutschdidaktik an der Alpen-Adria-Universität ist führend an dem Konzept der neuen Matura beteiligt.

Mit der neuen Reifeprüfung, auch unter dem Titel "Zentralmatura" in den Medien bekannt, folgt Österreich einem internationalen bildungspolitischen Trend, der auf Standardisierung sowie Vergleichbarkeit der Abschlüsse abzielt. Werner Wintersteiner, Leiter des Österreichischen Kompetenzzentrums für Deutschdidaktik, dazu: "Die Reform der Matura sollte eigentlich nur ein Schritt unter vielen anderen notwendigen Schritten in der Weiterentwicklung unseres Bildungssystems sein. Momentan sieht das Ministerium am ehesten Umsetzungsmöglichkeiten bei der Reifeprüfung, setzt entsprechende Mittel ein und arbeitet mit der Wissenschaft zusammen."

Die österreichische Reifeprüfung hat zwei Anforderungen zu erfüllen: Einerseits sollte sie ein bestimmtes Niveau an Allgemeinbildung und beruflicher (Vor-)Bildung nachweisen, andererseits ist sie auch der Nachweis für Universitätsreife. "Geht man davon aus, dass man für den Zugang an Universitäten bestimmte Kompetenzen braucht, müssen alle Schülerinnen und Schüler - egal aus welchen Schultypen sie kommen - die gleichen Kompetenzen nachweisen", so Werner Wintersteiner.

Das Gesamtkonzept der Matura sieht nun eine vorwissenschaftliche Arbeit bzw. Diplomarbeit, eine schriftliche Klausur mit zentralen Aufgabenstellungen und nicht-zentralisierte mündliche Prüfungen vor. In diesem Sinne kann man nur von einer Teilzentralisierung der Reifeprüfung sprechen, erfolgt doch die mündliche Prüfung dezentral und die Beurteilung der zentralen schriftlichen Aufgaben ebenfalls durch die einzelnen LehrerInnen.

Kernpunkt der Reform der "Schriftlichen Reife- und Diplomprüfung Deutsch (SRDP)" ist die so genannte Kompetenzorientierung. Unter Kompetenzen verstehen die DidaktikerInnen Fähigkeiten, mit denen bestimmte Probleme gelöst werden können. Für die zukünftige Deutsch-Matura werden folgende Kompetenzen überprüft: Sach- und Fachkompetenzen, Erfassen von vorgegebenen Texten, sprachreflexive Kompetenzen und das Abfassen von Texten. Die möglichen Textsorten werden dabei - anhand eines Textsortenkatalogs - in der Regel vielfältiger als bisher sein. "Anhand der Textprodukte können wir sehen, ob die Schülerinnen und Schüler über die Kompetenzen verfügen, die für die positive Absolvierung der Prüfung notwendig sind", so Wintersteiner. Zentral vergeben werden Aufgabenpakete und Beurteilungsregeln.

Werner Wintersteiner vermutet für die SRDP sowohl Chancen als auch Risiken: "Die Prüfung bietet eine Chance auf eine neue Qualität der Reifeprüfung und damit der Prüfungskultur insgesamt. Sie wird umfangreich evaluiert und von SchülerInnen getestet. Die Kompetenzorientierung ermöglicht die Fokussierung auf eine andere Art des Lernens. Außerdem entlastet die neue Reifeprüfung das Verhältnis zwischen SchülerInnen und LehrerInnen, weil die Letzteren eher zu Coaches werden, als dass sie PrüferInnen sind. Gleichzeitig können KlassenlehrerInnen aber nicht mehr so punktgenau auf die speziellen Fähigkeiten ihrer SchülerInnen eingehen und bestimmte Aufgabenstellungen sind nicht mehr möglich."

Sein Team wird nun in den nächsten Monaten die Aufgaben mit Schülerinnen und Schülern in ganz Österreich testen. Für die nächste Zeit wünscht er sich eine engagierte Debatte aller Betroffenen. Denn: "Bisher konnte man sich über einzelne Fragestellungen und ungerechte Beurteilungen ärgern. Doch mit der neuen Reifeprüfung werden die Themen ebenso wie die Ergebnisse unter öffentlicher Beobachtung stehen, was eine wünschenswerte bildungspolitische Diskussion in Österreich zur Folge haben könnte".