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VON AXEL BURCHARDT  |  21.11.2011 09:40

Theologen und Philologen der Universität Jena laden am 24. November zur Lietzmann-Vorlesung

Wohin gehört der Heilige Geist?

Im Jahre 1054 exkommunizierten sich Humbert von Silva Candida, der Gesandte Papst Leos IX., und der Patriarch von Konstantinopel Michael I. Kerullarios. Das dadurch ausgelöste „Morgenländische Schisma“ trennt seit fast 1.000 Jahren die römisch-katholische und die orthodoxen Kirchen voneinander. Das Datum markiert den Endpunkt jahrhundertelanger Entfremdung. Im Lauf der Geschichte gab es immer wieder Bestrebungen, die Differenzen zu überwinden und eine Union zu gründen, doch bisher ohne Erfolg.

Die diesjährige Hans-Lietzmann-Vorlesung an der Friedrich-Schiller-Universität Jena widmet sich einem dieser Versuche. Am 24. November um 18 Uhr spricht Prof. Dr. Hanns Christof Brennecke von der Universität Erlangen-Nürnberg im Hörsaal 24 des Universitätshauptgebäudes (Fürstengraben 1) über „Athanasius von Alexandrien auf dem Konzil von Florenz (1438/39)“. „Ziel dieses Konzils war es, die getrennten Kirchen in einer Union wieder miteinander zu vereinen“, erklärt Dr. Christopher Spehr von der Theologischen Fakultät der Universität Jena. „Dazu mussten allerdings einige theologische Barrieren überwunden werden.“ Die wohl größte davon ist bis heute neben dem Streit um die Vormachtstellung des Papstes der Streit um das sogenannte Filioque.

Gemeint ist damit ein Zusatz zum Glaubensbekenntnis von Nizäa-Konstantinopel (381), das beide Kirchen zur Grundlage haben. Es existiert in zwei Fassungen, das mit dem angehängten Filioque wird allerdings nur von der Westkirche akzeptiert. „Vereinfacht gesagt spricht das Anhängsel davon, dass der Heilige Geist aus dem Vater UND dem Sohn hervorgeht“, sagt Christopher Spehr. „Während die katholische Kirche durch das Filioque die Dreieinigkeit unterstrichen sieht, liest die orthodoxe Kirche daraus eine Hierarchie zwischen Gott, Jesus und Heiligem Geist, die es ihrer Meinung nach so nicht gibt.“

Als Quelle für die Richtigkeit dieser Version des Glaubensbekenntnisses wurde u. a. auf dem Florentiner Konzil eine Schrift des Kirchengelehrten Athanasius von Alexandria angegeben. Er war von 328 bis 373 Bischof der ägyptischen Metropole. Heute wissen die Forscher allerdings, dass es sich dabei um eine Fälschung handelte, die über mehrere Jahrhunderte und auch von allen Teilnehmern des Konzils als echt angesehen wurde.

Prof. Dr. Hanns Christof Brennecke hat sich über Jahre mit den Schriften des Athanasius auseinandergesetzt, sogar eine Edition erstellt. Während seines Vortrags wird er die Rolle des Gelehrten auf dem Konzil von Florenz kritisch beleuchten.

Die Vorlesungsreihe ist nach dem großen Philologen und Religionswissenschaftler Hans Lietzmann (1875-1942) benannt, der seit 1905 als Professor für Kirchengeschichte in Jena wirkte und eine Vielzahl bedeutender Forschungsbeiträge zum Neuen Testament und zur antiken Kirchengeschichte leistete.

Kontakt:
PD Dr. Christopher Spehr
Theologische Fakultät der Universität Jena
Fürstengraben 6, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 941130
E-Mail: Christopher.Spehr@uni-jena.de