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Südafrika, Zimbabwe, Ruanda und die ehemaligen deutschen Kolonien stehen vom 18. bis zum 28. Juli im Zentrum der Summer School 2011 von Theologen der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Entsprechend lautet der Titel der Veranstaltung „Societies in Transition. Sub-Saharan Africa between Conflict and Reconciliation“. Sie ist die zweite einer Serie von Summer Schools mit jeweiligem Konzentrationspunkt auf einer bestimmten geographischen Region.
„Es geht darum, Gesellschaften im Übergangsprozess von der Diktatur in eine andere Gesellschaftsform zu beobachten“, erklärt Prof. Dr. Martin Leiner von der Friedrich-Schiller-Universität, der die großenteils durch die Volkswagen-Stiftung finanzierte Veranstaltungsreihe im Zwei-Jahres-Turnus organisiert. „2009 lag der Schwerpunkt auf Südamerika“, sagt der Professor für Systematische Theologie. Geplant seien noch zwei weitere Sommerschulen. Ins Visier genommen werden sollen dabei zum einen der Mittlere Osten und zum anderen Ostasien. Eine Veröffentlichung der Ergebnisse als internationale Reihe ist geplant. Wie Martin Leiner erklärt, soll also vergleichend gearbeitet werden: „Wir wollen herausfinden, ob es Gemeinsamkeiten gibt – etwa zwischen Chile nach der Militärdiktatur und Ruanda.“
Ab Mitte Juli werden 30 junge Wissenschaftler aus Afrika, Südamerika, Asien, Europa und Nordamerika in Jena zu Gast sein. Sie werden an der Friedrich-Schiller-Universität unter anderem Vorträge international renommierter Experten hören, an Workshops teilnehmen – und einen Tagesausflug nach Berlin unternehmen. Das Programm ist in Länderschwerpunkte gegliedert. Es ist im Internet zu finden unter: www.religion-and-reconciliation.eu.
Den ersten Teil bildet Südafrika. So referiert etwa der evangelische Theologe Prof. Dr. Rolf Wüstenberg aus Flensburg über den Versöhnungsprozess in Südafrika im Vergleich zur DDR. Die Kappstädter Psychologin Dr. Pulma Gobodo-Madikizela wird über den Umgang größerer Menschengruppen miteinander sprechen; über Traumatisierung, Schuld und Vergebung. Zimbabwe ist das Thema der Dubliner Soziologin Dr. Gladys Ganiel. Sie spricht über das Phänomen, dass die schwarze Bevölkerung Zimbabwes nach jahrelanger Unterdrückung nun ihrerseits die im Land verbliebenen weißen Siedler unterdrückt. „Die Frage ist: Wie konnte es dazu kommen?“, sagt Theologe Leiner und verweist auf Südafrika, wo die Situation infolge einer sehr durchdachten Versöhnungsarbeit weitaus besser sei.
Die ehemaligen deutschen Kolonien sind das Thema des Bayreuther Historikers Prof. Dr. Reinhard Kößler. Namibia, Tansania, Togo oder Kamerun – dass diese Namen nicht jedem sofort wie aus der Pistole geschossen präsent sind, ist symptomatisch. Im Unterschied etwa zu den Briten nämlich, ist im kollektiven Bewusstsein der Deutschen die Vergangenheit als Kolonialmacht nicht sonderlich präsent. „Dabei gab es in Namibia einen schrecklichen Völkermord an den Hereros“, sagt Prof. Leiner. „Eine Entschuldigung steht bis heute aus“, ergänzt er. Wie unpopulär das Thema hierzulande sei, werde den Gästen auch im Rahmen des Berlin-Ausflugs gezeigt. Während Berlin aufgrund der Kongo-Konferenz Ende des 19. Jahrhunderts für die Afrikaner die Stadt sei, „wo Afrika aufgeteilt worden ist“, sei das Haus der Kongo-Konferenz weit davon entfernt, eine Gedenkstätte zu sein.
Die Gräuel in Ruanda am eigenen Leib erlebt hat Esther Mujawaya-Keiner. Die Referentin ist eine Überlebende des Genozids an den Tutsi. Mittlerweile lebt sie in Düsseldorf und arbeitet im sozialen Bereich mit traumatisierten Frauen aus Ruanda. Hier insistiert Ethik-Spezialist Leiner auf der traurigen Rolle, die die Medien gespielt haben: „In Ruanda wurde übers Radio zum Völkermord aufgerufen.“ Dass es medial auch anders geht, zeige etwa Südafrika. Hier seien die Sitzungen der Versöhnungs- und Wahrheitskommissionen im Fernsehen übertragen worden.
Kontakt:
Prof. Dr. Martin Leiner
Theologische Fakultät der Universität Jena
Fürstengraben 6
07743 Jena
Tel.: 03641 / 941145
E-Mail: Martin.Leiner@uni-jena.de