Hochschule Karlsruhe | Cordula Boll |
14.07.2022 10:29
Studierende bauen eigenen Rennwagen
Studierende der Hochschule Karlsruhe (Die HKA) präsentieren
selbst gebauten Rennwagen mit zahlreichen technischen Neuerungen –
Teilnahme an studentischen Konstruktionswettbewerben im österreichischen
Spielberg, auf dem Hungaroring bei Mogyoró und auf dem Hockenheimring
geplant."
Auch in diesem Jahr haben sich wieder ca. 50 Studierende der Hochschule
Karlsruhe (Die HKA) zusammengefunden, um einen einsitzigen Formelrennwagen
zu konstruieren und anschließend selbst zu fertigen. Sie kommen aus den
Studiengängen Fahrzeugtechnologie, Maschinenbau, Mechatronik, Elektro- und
Informationstechnik sowie Wirtschaftsingenieurwesen, Informatik und
Medieninformatik und hatten ein großes gemeinsames Ziel: den Bau eines
eigenen Rennwagens für die diesjährige Teilnahme am internationalen
studentischen Konstruktionswettbewerb Formula Student. Nach dem Ausfall der
Wettbewerbe in 2020 und einem sehr erfolgreichen Neustart im letzten Jahr
wird das Team dieses Jahr wieder an drei verschiedenen internationalen
Wettbewerben teilnehmen.
Nach neun Monaten Entwicklung, Konstruktion und Fertigung haben die
Studierenden nun mit dem Rollout am vergangenen Freitag, 24. Juni 2022, ein
weiteres großes Etappenziel erreicht und konnten das Resultat ihrer
Projektarbeit mit dem neuen Rennwagen „F-116“ erstmals der Öffentlichkeit
präsentieren.
Die Hauptaufgabe der internationalen Konstruktionswettbewerbe der Formula
Student besteht darin, einen Rennwagen herzustellen, der für eine
Produktion in Kleinserie geeignet wäre. Geschwindigkeit ist jedoch nur ein
Aspekt, bewertet wird das Gesamtkonzept, zu dem auch die Beschleunigungs-
und Bremsleistung sowie Konstruktion, Gewicht und die kalkulierten
Produktionskosten zählen. Um also einen schnellen, wendigen, sicheren,
sparsamen und zuverlässigen sowie kostengünstigen Rennwagen zu entwickeln,
ist für die Studierenden eine genaue Projektplanung und Koordination samt
Marketingstrategie, Business Plan und Cost Report notwendig. Gefragt sind
demnach viele ingenieurspezifische Fähigkeiten wie auch umfangreiche
Wirtschafts- und Marketingkompetenzen. Das Konzept hinter diesem Wettbewerb
ist es, den Studierenden eine attraktive Möglichkeit zu bieten, das im
Studium angeeignete Wissen in die Praxis umzusetzen.
In der diesjährigen Saison tritt das Team mit einem neuen und gegenüber dem
Vorjahr in einigen Punkten modifizierten Fahrzeug an: Zur Karosserie aus
Kohlefasern (CFK), die durch einen optimierten Lagenaufbau leichter wurde,
kommt ein verbessertes Bremssystem mit selbstentwickelten Bremssätteln. Um
die Strömungsverhältnisse am Fahrzeug zu optimieren, wurden viele weitere
zeitintensive rechnergestützte Simulationen durchgeführt, die – im
Vergleich zum Vorjahresfahrzeug – zu einem aufwendigeren Aeropaket führen.
Dazu gehören ein neuer Unterboden, Abdeckungen an den Querlenkern und eine
neue Anbindung des Front- und Heckflügels über sogenannte Sharkfins aus
Carbon. Mehr Einstellmöglichkeiten und neue Endplates am Heckflügel sollen
für mehr Abtrieb bei gleichzeitig verringertem Fahrwiderstand sorgen.
Die Leistung des Antriebsmotors wird durch eine Erhöhung der Verdichtung
auf 17:1 gesteigert. Die neu entwickelte Airbox und das verbesserte
elektronische Gaspedal ermöglichen dem Fahrer eine verbesserte Steuerung
der Antriebsleistung. Durch kleinere Kühler, eine Abgasanlage aus Titan und
kleinere Pneumatikzylinder an der Schaltung konnte das Gesamtgewicht des
Antriebsstranges deutlich verringert werden.
Durch neue Beschleunigungssensoren, GPS-Unterstützung, reale
Geschwindigkeitsmessung über ein Staurohr und eine Reifentemperaturmessung
in Echtzeit wird eine umfangreichere und genauere Auswertung der Fahrdaten
während der Testphase und während der Wettbewerbe ermöglicht. Ein neues
Design des Lenkrads ermöglicht dem Fahrer einen besseren Blick auf das
Dashpanel, das ihm alle wichtigen Daten über den aktuellen Zustand des
Fahrzeugs mitteilt. Ein robusterer Kabelbaum und umfangreiche Anpassungen
an der Software sollen das Auto insgesamt noch zuverlässiger machen.
Wie in jedem modernen Entwicklung- und Produktionsprozess wird das
komplette Fahrzeug mithilfe von CAD-Systemen (Computer Aided Design) als
Modell im Rechner erzeugt. So entstehen nicht nur die benötigten
Fertigungsdaten, sondern auch die Simulation und Berechnung der
verschiedenen Bauteile und Funktionen wird ermöglicht. Im Anschluss werden
die Bauteile individuell hergestellt und teilweise bis zur Zerstörung
getestet.
In kaum einem anderen Projekt können in Vorlesungen und Übungen erworbene
Grundlagen durch ihre Anwendung und Vertiefung so umfassend in die Praxis
umgesetzt werden, wie in diesem Formula-Student-Projekt. Alle nötigen
Schritte werden dabei von den Studierenden selbst organisiert bis hin zur
hochkomplexen Fertigung der Einzelteile. Unterstützt werden sie dabei durch
viele Sponsoren und vom hochschuleigenen Institute of Materials and
Processes, an dem ein großer Teil der benötigten Komponenten selbst
hergestellt wird.
Nach dem Rollout des „F-116“ beginnt für die Studierenden die kurze
Testphase, um den Boliden für die Wettbewerbe der Formula Student „fit“ zu
machen. Ende Juli – also kurz nach dem Ende der Prüfungen, die die am
Projekt beteiligten Studierenden noch ablegen müssen, geht es dann für sie
auch „gleich richtig los“ mit dem ersten Wettbewerbsevent in Österreich.
„Der jedes Jahr weiterentwickelte Rennwagen der Studierenden ist für uns
immer wieder aufs Neue ein beeindruckender Beleg für die Kombination von
Fachwissen und ausgeprägtem Praxisbezug unserer Lehre und auch dafür, wie
gut es unsere Studierenden schaffen, ein solch umfangreiches Projekt zu
planen und umzusetzen“, betont Prof. Dr. Frank Artinger, Rektor der
Hochschule Karlsruhe.