Universität Würzburg |
24.10.2019 11:47
Angriff auf die Synapsen
Vier Würzburger Teams sind in einer neuen Forschungsgruppe vertreten, in der die Krankheitsmechanismen von autoimmun bedingten Hirnentzündungen untersucht werden. Ziel ist es, erstmals spezifische Therapien zu entwickeln.
Vor gut zehn Jahren wurde die autoimmun bedingte Gehirnentzündung in der medizinischen Fachliteratur erstmals beschrieben. Inzwischen kennt die Neurologie eine ganze Familie dieser seltenen Erkrankungen, von der meist junge Erwachsene betroffen sind. Ausgelöst werden sie durch Tumoren oder Infektionen * meistens allerdings bleibt die Ursache unklar.
Bei den Autoimmun-Gehirnentzündungen produziert das Immunsystem Antikörper, die im zentralen Nervensystem Neurotransmitter-Rezeptoren angreifen. Dadurch wird die Signalübertragung an den Kontaktstellen der Nervenzellen, den Synapsen, gestört. Verwirrtheit, Psychosen, epileptische Anfälle oder Bewusstseinsstörungen können die Folgen sein.
3,9 Millionen Euro Förderung
Die neue Forschungsgruppe SYNABS will die Mechanismen hinter den Autoimmun-Gehirnentzündungen möglichst genau verstehen. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert die Gruppe in den kommenden drei Jahren mit 3,9 Millionen Euro. Beteiligt sind Teams aus den Fachgebieten Neurologie, Neurowissenschaften, Physiologie, Neuroimmunologie und Biotechnologie.
Vom Universitätsklinikum und der Universität Würzburg sind die Professorinnen und Professoren Carmen Villmann (Neurobiologie), Claudia Sommer (Neurologie), Manfred Heckmann (Physiologie) und Markus Sauer (Biotechnologie /
Biophysik) mit dabei.
Gemeinsam mit Teams aus Jena und Leipzig untersuchen sie die unmittelbare Wirkung von Antikörpern, die aus Patienten gewonnen wurden, gegen den NMDA-Rezeptor und den Glycin-Rezeptor und messen dazu die Signalweiterleitung an diesen Rezeptoren. Mit hochauflösender Mikroskopie soll im Detail geklärt werden, wie sich die Antikörper an den synaptischen Kontaktstellen anlagern.
Zugleich sollen in Zusammenarbeit mit der Charité Berlin potentielle neue Therapiemethoden erarbeitet werden. *Wir wollen die durch Autoantikörper ausgelösten Veränderungen der Funktion und Zusammensetzung der einzelnen Synapse bis hin zu Ursachen der assoziierten Erkrankungen wie Gedächtnisstörungen und neurologische Bewegungsstörungen abklären*, sagt Carmen Villmann.
Bislang gibt es nur eine allgemeine Therapie
Für die Patienten mit Autoimmun-Gehirnentzündungen steht derzeit nur eine allgemeine Therapie zur Verfügung, die unspezifisch die Immunreaktion unterdrückt. *Mit unserem translationalen Forschungsprogramm wollen wir neue und zielspezifische Therapieansätze entwickeln*, erklärt Professor Christian Geis. Der Neuroimmunologe vom Universitätsklinikum Jena ist der Sprecher der Forschungsgruppe SYNABS. Sein Stellvertreter ist Professor Stefan Hallermann, Neurophysiologe an der Universität Leipzig.
Assoziiert ist die Arbeitsgruppe um Professor Josep Dalmau in Barcelona. Dalmau ist ein Pionier auf dem Gebiet der Antikörper-Hirnentzündungen. Im Rahmen der Forschungsgruppe wird er von der DFG als Mercator-Fellow gefördert.
Die SYNABS-Partner
* Friedrich-Schiller-Universität Jena, Universitätsklinikum Jena, Sektion Translationale Neuroimmunologie, Klinik für Neurologie
* Universität Leipzig, Carl-Ludwig-Institut für Physiologie
* Humboldt Universität Berlin, Charité, Klinik für Neurologie, Klinik für Pädiatrie mit Schwerpunkt Neurologie, Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) Berlin
* Universität Würzburg, Physiologisches Institut, Biozentrum; Universitätsklinikum Würzburg, Neurologische Klinik, Institut für Klinische Neurobiologie
* Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ) Heidelberg
* Technische Universität Braunschweig, Abteilung Biotechnology
* Institute of Science and Technology Austria (IST Austria), Wien / Klosterneuburg
* MedUni Wien, Klinisches Institut für Neurologie (Obersteiner Institut) assoziiert:
* Institut d'Investigacions Biomèdiques August Pi i Sunyer (IDIBAPS), Hospital Clinic IDIBAPS Barcelona, Department of Neurology