Volltextsuche

Erweiterte Suche

ANZEIGE

VON DOROTHEA HOPPE-DÖRWALD  |  02.11.2011 10:58

Physiker der Universitäten Jena und Graz berechnen Zeitentwicklung des Vakuumzerfalls

Wie man das Nichts aus dem Gleichgewicht bringt

Das Nichts – das erforscht ein Team theoretischer Physiker der Universitäten Graz und Jena. „Der Grundzustand unserer Welt ist allerdings nicht einfach durch die Abwesenheit von allem Stofflichen beschrieben", erläutert Prof. Dr. Holger Gies vom Theoretisch-Physikalischen Institut der Friedrich-Schiller-Universität und dem Helmholtz-Institut Jena. „Sondern dieses sogenannte Quantenvakuum entpuppt sich als komplexer Zustand ständig fluktuierender Quantenfelder, der physikalische Eigenschaften trägt."
Die Physikergemeinde weltweit hofft, in wenigen Jahren eine besonders spektakuläre Eigenschaft beobachten zu können: den spontanen Zerfall des Vakuums in Paare von Materie- und Antimaterie-Teilchen in superstarken elektrischen Feldern. Diesem Ziel ist man dank neuer Forschungsergebnisse des deutsch-österreichischen Physikerteams einen Schritt näher gekommen. Obwohl erste theoretische Überlegungen zum spontanen Zerfall des Vakuums ins Jahr 1931 zurückreichen, steckt ein umfassendes Verständnis noch in den Kinderschuhen. „Eine große Herausforderung der modernen theoretischen Physik ist die Beschreibung von Quantenfeldern fernab vom Gleichgewicht", erklärt Prof. Gies. „Dieses Problem begegnet uns sowohl bei Phasenübergängen im frühen Universum, wie auch in vielen Experimenten der Festkörperphysik." Daher kann ein experimenteller Nachweis des Vakuumzerfalls wie er möglicherweise durch Hochintensitätslaser in naher Zukunft geliefert werden kann, weit über das Fachgebiet hinausreichende Erkenntnisse liefern.
Den Wissenschaftlern aus Graz und Jena gelang es nun, die Zeitentwicklung des Vakuumzerfalls im Detail zu berechnen. „Die Ergebnisse haben uns selbst erstaunt," gesteht Prof. Gies. Materie und Antimaterie-Teilchen zeigen demnach ein neuartiges selbstfokussierendes Verhalten und können so möglicherweise leichter entdeckt werden als erwartet. „Das Quantenvakuum hat schon einige Überraschungen für uns bereitgehalten", so der Heisenberg-Professor für Theoretische Physik. „Dieses Nichts nun aus dem Gleichgewicht zu bringen, könnte sich zu einer neuen fruchtbaren Forschungsrichtung entwickeln."
Die Ergebnisse der Kooperation sind gerade in der renommierten Fachzeitschrift „Physical Review Letters“ veröffentlicht worden; die Online-Version ist seit heute zu finden unter: http://link.aps.org/doi/10.1103/PhysRevLett.107.180403.