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Universität Ulm  |  14.12.2020 09:14

Umweltschonender und lautloser Antrieb erhält Testflugerlaubnis

Klimafreundliches Fliegen könnte schon bald in ganz Europa alltäglich werden. Am Flughafen Stuttgart ist -11. Dezember - die neueste Generation des weltweit ersten viersitzigen Wasserstoff-Brennstoffzellen-Flugzeugs Hy4 bei einer überwiegend virtuellen Veranstaltung vorgestellt worden. Federführend entwickelt wurde der alternative Antrieb aus einem Batterie-Brennstoffzellensystem von Professor Josef Kallo, der an der Universität Ulm sowie am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Stuttgart forscht. Erst kürzlich hat die neueste Antriebsgeneration von Hy4 die Testflugerlaubnis erhalten und kann somit am Stuttgarter Airport abheben.

Zu diesem wichtigen Schritt in Richtung umweltschonendes Fliegen gratulierte Andreas Scheuer, Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, mit einer Videobotschaft. „Das Wasserstoff-Flugzeug Hy4 ist innovativ, leise und klimafreundlich. Es zeigt, dass CO2-freie Luftfahrt schon heute möglich und machbar ist. Diese neue Art des Fliegens hat das Zeug dazu, die Mobilität nachhaltig zu verändern. Deutschland ist in diesem Hochtechnologiebereich Vorreiter: Hy4 ist weltweit das erste viersitzige Passagierflugzeug, das rein elektrisch mit Brennstoffzelle fliegt. Das ist Innovationskraft made in Germany und sichert Arbeitsplätze und Wertschöpfung in unserem Land.“

Der Erstflug des Wasserstoff-Passagierflugzeugs Hy4 am Stuttgarter Flughafen war 2016 eine kleine Sensation: Zuletzt ist der viersitzige Flieger im November lautlos und emissionsfrei im slowenischen Maribor zu Testflügen gestartet. Angetrieben wird Hy4 von einem Hybridsystem, das Batterie- und Brennstoffzellentechnologie miteinander verbindet. Sollte die so gewonnene Energie – etwa beim Start oder bei Steigflügen – nicht ausreichen, springt die Lithium-Ionen-Batterie ein. In der Brennstoffzelle werden Wasserstoff und Sauerstoff in elektrische Energie für den Propellerantrieb umgewandelt. Das umweltfreundliche Nebenprodukt ist Wasser. Bis dato konnte die Funktionalität des neuen Antriebssystems bei mehr als 30 Starts und Flügen von bis zu zwei Stunden erprobt sowie untersucht werden. Der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann würdigte bei der Präsentation am Flughafen die wissenschaftliche Leistung hinter Hy4: „Der Luftverkehr muss schnellstmöglich klimaschonender werden. Mit dem weltweit einzigartigen Wasserstoff-Brennstoffzellen-Flugzeug Hy4 stellt die Wissenschaft eine vielversprechende Technologie für emissionsfreies Fliegen vor. Mit dieser Expertise ist Baden-Württemberg auf dem Gebiet der Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie Vorreiter im globalen Wettbewerb.“

Erster Meilenstein des Projekts Hy4 sollten regional einsetzbare Flugtaxis für einzelne Passagiere sein. Doch seit dem Erstflug eines Flugzeuges mit Brennstoffzelle im Jahr 2008 haben Kallo und seine Partner aus Forschung und Industrie die zukunftsweisende Antriebstechnologie massiv weiterentwickelt. „Die mittlerweile sechste Generation des Systems umfasst Redundanzkonzepte für Wasserstofftank, Brennstoffzelle, Energieverteilung und den elektrischen Antrieb. Durch die so gesteigerte Effizienz und eine verbesserte Sicherheitsarchitektur werden in den kommenden zehn Jahren wasserstoffbetriebene Flugzeuge für bis zu 40 Passagiere und mit Reichweiten von 2000 Kilometern möglich“, erklärt der Ulmer Institutsleiter Professor Kallo.

Am Institut für Energiewandlung und -speicherung der Universität Ulm wurden der elektrische Motor sowie die Energieverteilungseinheit von Hy4 entwickelt, unter Laborbedingungen getestet und in Betrieb genommen. Der Elektromotor hat eine Leistung von 120 Kilowatt und ermöglicht damit eine Maximalgeschwindigkeit von 200 Kilometer pro Stunde. Die grundlegende Brennstoffzellenforschung und die Zusammenschaltung der Komponenten erfolgten größtenteils am DLR. Die H2FLY GmbH verantwortet hingegen die Gesamtsystemarchitektur aus Wasserstofftank, Brennstoffzelle sowie Elektroantrieb. Außerdem ist H2FLY für die sichere Integration und den Betrieb im Flugzeug verantwortlich.

„Die Universität Ulm hat sich mit dem deutschlandweit einzigen Exzellenzcluster im Bereich Batterieforschung und starken Partnern in der Wissenschaftsstadt zu einem international führenden Zentrum der Energieforschung entwickelt. Das umweltfreundliche Flugzeug Hy4 vereint Batterie- mit Brennstoffzellentechnologie und ist somit ein hervorragendes Anwendungsbeispiel für innovative Antriebskonzepte und die Mobilität von morgen“, betonte Professor Michael Weber, Präsident der Universität Ulm.

Die Kooperationspartner glauben fest an die Zukunft des Wasserstoffantriebs in der Luftfahrt – und wurden jetzt mit dem Permit-to-fly bestätigt. Somit rückt emissionsfreies, effizientes und gleichzeitig geräuscharmes Fliegen im Passagierbereich in greifbare Nähe. Als Förderer der ersten Stunde freuen sich auch Vertreter des Stuttgarter Flughafens über diese Entwicklung: „Das emissionsfreie Fliegen der Zukunft macht mit diesem Projekt beachtliche Fortschritte. Im Sinne des Klimas müssen wir die Technologieentwicklung in der Luftfahrt und deren Markteinführung weiter mit Nachdruck verfolgen, “ so Walter Schoefer, Sprecher der Geschäftsführung der Flughafen Stuttgart GmbH. Die künftigen Tests in Stuttgart werden sich bis Mai auf das Zusammenspiel und die Kopplung von neuen, noch leistungsfähigeren Antriebskomponenten fokussieren.

Die Projektpartner Hy4

Im Projekt Hy4 bündeln die Universität Ulm, das DLR, H2FLY und Diehl Aerospace (Datenkommunikation und Controlhardware) ihre Expertise. Auf internationaler Ebene werden sie von Pipistrel (Flugzeug-Hardware) und den Forschungseinrichtungen Politecnica di Milano, TU Delft, Universität Maribor sowie Cummins Canada unterstützt. Zu den Förderern zählen die Nationale Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NOW GmbH), das Bundeswirtschaftsministerium sowie das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur. Dazu kommen neben Mitteln aus der Industrie auch Mittel vom DLR, vom Flughafen Stuttgart und der Europäischen Kommission.

Weitere Informationen: Prof. Dr. Josef Kallo: Tel.: 0731/50-25540, josef.kallo(AT)uni-ulm.de