VON RICHARD KEHL | 21.09.2011 15:06

Die Erfindung der fettfreien Wurst

Sein letztes Hemd hat ein Metzger aus Mindelheim für seine Idee zur Produktion von fettfreier Wurst gegeben. Von der Industrie abgelehnt, richtete er sich in seiner Verzweiflung an das Fraunhofer-Institut. Mit dessen Hilfe gelang ihm letztendlich der Durchbruch mit Anfragen aus aller Welt.

Es hört sich an wie ein Märchen: Ein Mindelheimer Metzger hat sein Herzblut und sein letztes Geld in die eigene Entwicklung und Produktion von fettfreier Wurst investiert. Zunächst sah alles nach einem Fiasko aus: Von der Industrie wurde der Metzger nicht ernst genommen. Einladungen von Großproduzenten verliefen im Sande. Der Mindelheimer Metzger arbeitete wie besessen daran, eine fettfreie Wurst zu produzieren – der wirtschaftliche Ruin stand für den Mindelheimer Metzgermeister kurz bevor. In seiner Verzweiflung wandte er sich schließlich an das Fraunhofer Institut in Freising bei München. Dort wird u.a. an der Verbesserung von Lebensmitteln geforscht. Als die Forscher von der Möglichkeit der Produktion von fettfreier Wurst hörten, horchten sie auf und luden den Mindelheimer Metzgermeister in das Institut zur Vorstellung seiner Erfindung ein.

In Deutschland werden jährlich ca. 1,5 Millionen Tonnen Wust verzehrt. Rund 60% davon sind sogenannte Brühwürste mit einem hohen Fettanteil. Es wird zwar „fettfreie“ Wurst angeboten und auch als solche verkauft, doch hatte auch diese bisher immer einen Mindestfettanteil von 20%. Der Mindelheimer Metzger hat es geschafft, den Fettanteil seiner Wurst auf 2-3% zu reduzieren. Das Geheimnis seiner fettfreien Wurst liegt an einer geheimen Zutat und der Art des verwendeten Fleisches. So kommen in die Wurst des Mindelheimer Metzgers – wie sonst üblich – keine Fleischabfälle oder andere im Fleischwolf verarbeitete Restabfälle. Stattdessen wird nur hochwertiges Fleisch verarbeitet. Um die Wurst trotzdem vor dem Austrocknen zu schützen, wurde das Fett durch Eiweiß ersetzt. Das Fett speichert gewöhnlich das Wasser, um die Ware frisch zu halten. Der Mindelheimer Metzger hat diese Methode mittels einer geheimen Zutat auch mit Eiweiß vollbracht. Mit Hilfe des Fraunhofer Instituts wurde seine Methode weiter erforscht, ausgebaut und optimiert.

Gemeinsam mit dem Metzger aus Mindelheim hält das Fraunhofer-Institut das Patent auf das geheime Herstellungsverfahren. Mittlerweile wird die Wurst, die anfangs kein Großindustrieeller wollte, weltweit verkauft. Der Mindelheimer Metzger stand zwar kurz vor dem Ruin, ist aber mit seiner Idee und deren konsequenten Verfolgung bis hin zur letztendlichen Umsetzung reich geworden. Und wieder verdanken wir wieder ein Stück mehr Lebensqualität dem Fanatismus und Ausdauer eines Menschen, der schon von seinen Mitmenschen, für seine Idee belächelt wurde.