Bisher waren in Deutschland grundsätzlich alle Männer vom vollendeten 18. Lebensjahr an wehrpflichtig, das ist so im deutschen Grundgesetz verankert. Daneben gab es noch den Zivildienst. Er wurde ursprünglich für Wehrpflichtige eingeführt, die den Kriegsdienst aus Gewissensgründen verweigerten. Man(n) konnte aber nicht einfach zwischen Wehr- und Zivildienst wählen: Wer Zivi statt Bundi werden wollte, musste aber ebenfalls an einer Musterung teilnehmen und konnte erst danach seine Verweigerung schriftlich einreichen. Die vorgebrachten Gewissensgründe (z.B. religiöse Ansichten) mussten offiziell vom Bundesamt für Zivildienst anerkannt werden.
Neben Wehr- und Zivildienst gab es dann auch noch den sogenannten Ersatzdienst, z.B. die Mitarbeit im Technischen Hilfswerk beim Katastrophenschutz. Auch das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) mit jährlich etwa 26.000 Teilnehmern sowie das Freiwillige Ökologische Jahr (FÖJ) wurden als Ersatz für den Zivildienst anerkannt. Last but not least gab es den „Anderen Dienst“ im Ausland, den jedes Jahr etwa 1000 Verweigerer geleistet haben. Dieser unbezahlte Dienst dauerte zwei Monate länger als der Zivildienst und sollte das friedliche Zusammenleben der Völker fördern, also waren das meist praktische Arbeiten im sozialen Bereich.
Im Rahmen einer Bundeswehrreform hat die Bundesregierung vergangenes Jahr nun beschlossen, die Wehrpflicht zum 1. Juli 2011 auszusetzen, das heißt die letzten Wehrpflichtigen wurden zum 1. Januar 2011 einberufen. Stattdessen wird es einen neuen freiwilligen Wehrdienst geben. Gemustert wird keiner mehr, aber erfasst werden die Jungs weiterhin. Es besteht nun die Sorge, die Abschaffung der Wehrpflicht könnte die Hochschulen an ihre Belastungsgrenze bringen, weil mehr Schulabgänger gleichzeitig studieren wollen. Der bayerische Kultusminister Ludwig Spaenle rechnet für 2011 mit 50.000 zusätzlichen Studenten. Die Bundeswehr selbst will die verschärfte Situation nützen, um an verschiedenen Universitäten Studienplätze z.B. für Elektronik, Luft- und Raumfahrt oder Pädagogik anzubieten. Voraussetzung dafür ist allerdings eine Verpflichtung bei der Bundeswehr auf dreizehn Jahre.
Doch nicht nur der Wegfall der Wehrpflicht und damit auch des Zivildienstes, sondern auch die doppelten Abiturjahrgänge in Bayern und Niedersachsen werden die Zahl der Studenten dieses Jahr stark ansteigen lassen: Die G8 und G9 Jahrgänge werden gleichzeitig fertig. An der Hochschule München haben sich für das Sommersemester 2011 bereits über 15.000 Interessenten beworben, aber nur etwa 1.100 Studienplätze werden vergeben. Viele Hochschulen haben sich aber gut gerüstet und bieten mehrere Studiengänge schon zum Sommersemester 2011 an. An der Hochschule München wurden z.B. in den vergangenen Jahren nur vier bis fünf Bachelor-Studiengänge zum Sommersemester angeboten, dieses Jahr sind es 16. Dabei liegt der Schwerpunkt auf den sogenannten MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik), aber auch wirtschaftswissenschaftliche Studiengänge (BWL und Tourismus) werden angeboten. Damit soll der Ansturm im Herbst entschärft werden.
Wenn du dieses Jahr Abitur machst und studieren willst, lohnt es sich also, sich frühzeitig bei den Unis zu informieren und auch über Alternativen nachzudenken.