Job & Karriere

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Teilzeit - Was Sie wissen sollten

Nine-to-Five war gestern. Flexible Arbeitsformen wie Teilzeit setzen sich durch. Teilzeitarbeiter gewinnen Freiräume für Familie, Weiterbildung, Leben. Was Sie wissen sollten.

Billy gibt es in Weiß, Blau, Esche, Buche, über Eck, mit Aufsatz, mit Glastür undundund. Ähnlich variantenreich wie der Regal-Klassiker ist das Angebot an Arbeitszeitmodellen bei der Möbelkette Ikea. Mehr als die Hälfte der rund 14.000 Beschäftigten in Deutschland sind teilzeitbeschäftigt. Damit befindet sich Ikea in guter Gesellschaft: 90 Prozent der Unternehmen hierzulande praktizieren neben dem klassischen Achtstundentag mindestens ein weiteres Arbeitszeitmodell.

Der Autozulieferer Bosch bietet ein breites Spektrum von der klassischen Halbtagsarbeit bis Job-Sharing. Eine Internetseite (http://www.teilzeit-bei-bosch.de) und eine Broschüre machen das Angebot transparent, ebenso eine Online-Datenbank für offene Teilzeitstellen. Das Medizintechnik-Unternehmen B. Braun Melsungen unterstützt gezielt Mitarbeiter mit Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen: Wer um der Familie willen Teilzeit beantragt, erhält finanzielle Zuschüsse.

Bei der Ergo-Versicherungsgruppe können Mitarbeiter eine so genannte Familienphase einlegen, in der sie zunächst freigestellt sind, trotzdem aber ein Teilzeitgehalt beziehen. Das vorab gezahlte Geld wird nachgearbeitet. Weitere Unternehmen mit attraktiven Teilzeitmodellen sind beispielsweise Fraport, Techniker Krankenkasse, BMW, Bayer, Siemens.

Teilzeit-Trends

Deutschland gehört zu den Vorreitern der Teilzeitarbeit in Europa. Nach jüngsten Angaben von Eurostat, dem Statistischen Amt der EU, haben 26,1 Prozent aller Beschäftigten (EU-Mittelwert: 18,8 Prozent) eine verringerte Wochenarbeitszeit vereinbart – durchschnittlich 17,9 Stunden. Zwar liegt der Anteil der Teilzeitbeschäftigten in den Niederlanden, der Schweiz, Norwegen, Schweden und Österreich höher, doch unter diesen Ländern ist die Quote in den vergangenen zehn Jahren nur in Österreich so rasant wie in Deutschland gestiegen.

45,3 der Frauen, aber nur 9,7 Prozent der Männer arbeiten hierzulande in Teilzeit. In den Chefetagen verstärkt sich dieses Ungleichgewicht noch, wie eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung zeigt: Gerade einmal 14 Prozent der weiblichen und sogar nur zwei Prozent der männlichen Führungskräfte sind teilzeitbeschäftigt. Der Personaldienstleister Adecco berichtet, dass das größte Angebot an Teilzeitjobs in den Berufen wie Krankenschwester, Sekretärin, Reinigungskraft, Bäcker, Zusteller, Verkäufer, Erzieher und Sozialpädagoge herrscht.

Teilzeit-Recht

Nach § 8 des Gesetzes über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (TzBfG) haben Arbeitnehmer in Betrieben mit mehr als 15 Beschäftigten einen einklagbaren Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit, wenn sie seit mindestens sechs Monaten dort beschäftigt sind. Der Antrag wird schriftlich und mindestens drei Monate im voraus eingereicht, wobei Angaben zum Umfang der Reduzierung und zur Verteilung der Arbeitszeit Pflicht sind (kostenloser Download von Musteranträgen unter http://www.qualifizierte-teilzeitarbeit.de/downloads.html.

Spätestens einen Monat vor Beginn der Reduzierung muss das Unternehmen reagieren – sonst gilt der Antrag als angenommen. Das Unternehmen kann aber aus "betrieblichen Gründen" ablehnen, was erfahrungsgemäß vor allem dann vorkommt, wenn der Arbeitnehmer keinen offensichtlichen Grund für die Teilzeit, etwa Kinderbetreuung, nennt.

Als betriebliche Gründe werden vom Arbeitsgericht wesentliche Beeinträchtigungen der Arbeitsabläufe oder der Sicherheit im Betrieb anerkannt. Ein weiteres K.o.-Kriterium sind unverhältnismäßige Zusatzkosten. Um einen Rechtsstreit zu vermeiden, empfiehlt es sich, frühzeitig "Überzeugungsarbeit" zu leisten (siehe Artikel "Damit Teilzeit nicht die Karriere knickt").

Teilzeit-Praxis

"Grundsätzlich haben Teilzeitarbeitende gleiche Rechte und Pflichten wie Vollzeitarbeitende", sagt die Karriereberaterin Dr. Ingrid Mylena Kösten. "Wichtig: Bestehen Sie auf einem schriftlichen Arbeitsvertrag. Darin sollten das Arbeitspensum, die Arbeitszeit, das Gehalt, der Urlaubsanspruch und die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall festgehalten werden."

Dass Teilzeitbeschäftigte grundsätzlich weniger verdienen als Vollzeitbeschäftigte, ist oft zu hören, aber schwer zu beweisen. Zwar schneiden sie beim durchschnittlichen Bruttostundenlohn mit 16,04 Euro gegenüber 20,98 Euro klar schlechter ab, doch das Statistische Bundesamt führt die Differenz darauf zurück, dass es die meisten Teilzeitstellen im nicht so gut zahlenden Dienstleistungssektor gibt.

Über die Akzeptanz von Teilzeitarbeit gibt es widersprüchliche Aussagen. Die Stadtverwaltung Bern, die für ein Projekt 1.500 Teilzeitbeschäftigte in Unternehmen und Behörden befragte, sammelte überwiegend positive Stimmen. Von "Anwesenheitskultur" und "Vollzeitmentalität" spricht dagegen das Berliner Institut für anwendungsorientierte Innovations- und Zukunftsforschung, das nur Männer befragte. "Kann der Arbeitnehmer seinen Wunsch nach Teilzeitarbeit realisieren, steigt seine Zufriedenheit", ist Johannes Stärk, Geschäftsführer von Intertrainment in München, überzeugt. "Teilzeitmitarbeiter verfügen außerdem meist über eine bessere Work-Life-Balance. Für den Arbeitgeber sind beide Aspekte von Vorteil. Zufriedene ausgeglichene Mitarbeiter sind motivierter, stressresistenter und bringen bessere Leistungen."

Die wichtigsten Teilzeitvarianten

Reduzierte Tagesarbeitszeit

Der Klassiker, der kaum Freiräume ermöglicht. Zum Beispiel arbeiten Sie vormittags oder nachmittags. Die Zeitfenster ändern sich nicht.

Reduzierte Wochenarbeitszeit

In einer Drei- oder Viertagewoche haben Sie die übrigen Tage frei. Nach Ansprache mit Ihrem Team bestimmen Sie den freien Tag selbst.

Reduzierte Monatsarbeitszeit

Wenig verbreitet. Sie verteilen ein Zeitbudget beliebig auf den Kalendermonat. Drei Wochen am Stück arbeiten, eine Woche frei – das geht.

Job-Sharing

Sie teilen sich mit einem oder zwei Kollegen eine Vollzeitstelle. Wer wann im Büro sitzt, machen Sie unter sich aus. Jeder Jobpartner ist im Prinzip für sich selbst verantwortlich.

Job-Pairing

Die Weiterentwicklung des Job-Sharing. Sie bilden mit Ihren Kollegen ein Team, dass die Verantwortung für Abstimmung, Entscheidungen und Leistung gemeinsam trägt.

VON CHRISTOPH STEHR MONSTER.DE

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