VON MAXIMILIAN REICHLIN | 27.02.2014 15:23

Hörst du mir eigentlich zu? - Was die Zuhörforschung für unsere Gesellschaft wichtig macht

Jeden Tag nehmen wir mit unseren Ohren eine unglaubliche Menge an Informationen wahr. Doch nur weil wir hören, heißt das nicht, dass wir auch zuhören. In einem besonderen Maße beschäftigt sich die Zuhörforschung mit diesem Thema. Gerade für Kinder und Jugendliche ist es wichtig, das richtige Zuhören zu lernen, aber auch im akademischen Bereich wird das Zuhören immer wichtiger. Doch was tut die Zuhörforschung und wofür brauchen wir sie? UNI.DE hat einmal genau hingehört.


Die Zuhörforschung an sich ist ein relativ junges Feld. Es handelt sich dabei um eine interdisziplinäre Wissenschaft, die sich also aus verschiedenen anderen Fächern zusammensetzt. So zum Beispiel aus der Medizin, die die anatomischen Aspekte des Hörens an sich untersucht, oder aus der Pädagogik, die sich vor allem damit beschäftigt, wie gehörte Lerninhalte optimal vermittelt werden können und im Gedächtnis bleiben. Im akademischen Bereich wird die Hör- beziehungsweise Zuhörforschung immer wichtiger. An der Universität Oldenburg etwa gibt es sie bereits seit 10 Jahren. Dort beschäftigen sich die Forscher vor allem mit den medizinischen Aspekten des Hörens.

Auch die Stiftung Zuhören hat sich die Wichtigkeit der Zuhörforschung auf die Fahnen geschrieben. Hier steht vor allem der erzieherische und soziale Aspekt im Vordergrund. Dazu werden Projekte an Schulen, Kindergärten und Jugendeinrichtungen ins Leben gerufen, und dabei mit den Kindern beispielsweise Hörspiele produziert. Auch Fortbildungen für Erzieher und Lehrer stehen auf dem Programm der Stiftung. Das alles unter dem Motto der Vorstandsvorsitzenden Marion Glück-Levi: „Zuhören ist die Voraussetzung dafür, die Welt wahrzunehmen, sie sich zu erschließen, sie begreifen und sie mitzugestalten.“

Hören heißt nicht gleich Zuhören

Kolumne: Wo man sich nicht zuhört.

Der erste Grundlehrsatz der Zuhörforschung: Hören ist nicht gleich hören. Zwar verfügen wir über die Möglichkeit, Geräusche aufzunehmen, ihre Lautstärke zu bestimmen und ihren Ausgangspunkt zu lokalisieren, aber das bedeutet nicht, dass wir auch hinhören. Zwischen hören und zuhören liegt oft ein breiter Grat. Dieser Grat ist der Sinn. Hören wir etwa nur, dass ein Mitmensch etwas sagt, so nehmen wir zwar das auditive Signal auf, können daraus aber keinen Sinn ziehen. Anders ist es beim genauen Zuhören. Hier lassen wir uns auf unseren Gegenüber ein, analysieren, was er uns sagt, und erleben dabei einen Sinnbildungsprozess.

Besonders für Kinder und Jugendliche ist diese Grundkompetenz enorm wichtig, denn sie ist nicht nur im Umgang mit anderen Menschen relevant, sondern etwa auch in der Schule. Außerdem fördert sie den kompetenten Umgang mit Medien. In einer Zeit, in der Kinder wie auch Erwachsene ständig mit einer Vielzahl an Medieninhalten konfrontiert werden, ist es wichtig, eine Art Filter zu vermitteln. Dieser Filter sind die Ohren. Was muss ich hören, wo muss ich genauer hinhören und welche für mich relevante Information kann ich aus dem Gehörten ziehen, diese Fragen sind der Kern der Zuhörforschung.

Ein großes Augenmerk liegt dabei auf der Theorie des „vierohrigen Empfängers“, die besagt, dass man niemals nur die Sachebene einer gesprochenen Nachricht wahrnimmt, sondern zugleich auch emotionale Aspekte des Gesagten, etwa eine Beziehungsebene („In welcher Beziehung stehen wir zueinander?“) oder eine Apellebene („Was wird nun von mir erwartet?“). Auch die Fähigkeit, von dem Gesagten auf die Gefühlslage des Sprechers zu schließen, ob er etwa traurig oder fröhlich ist, ist ein solcher emotionaler Aspekt, der durch das genaue Zuhören verstärkt wird. Auch das macht die Zuhörforschung für unsere Gesellschaft immer wichtiger.