VON MAXIMILIAN REICHLIN | 02.09.2015 15:15

Was ist Farbe? - Von Wellen, Stäbchen und Zapfen

Über Farben denkt man nur selten nach. Woher sie kommen, wodurch sie verursacht werden, warum wir überhaupt verschiedene Farben unterscheiden können, und so weiter. Farben sind einfach da. Umso erstaunlicher und faszinierender ist es, wenn wir uns dann plötzlich doch diese Fragen stellen und herausfinden, dass die Sache mit den Farben überhaupt nicht so selbstverständlich ist, wie wir dachten. UNI.DE unternimmt eine Reise, folgt dabei dem Sonnenlicht und gelangt in die Tiefen hinter unseren Pupillen um der Frage nachzugehen: Was ist Farbe eigentlich?


Die kurze und einfache Antwort lautet: Farbe entsteht durch Licht. Und zwar durch Licht, das von einem bestimmten Objekt reflektiert wird und von dort aus in unser Auge gelangt. Allerdings wirft jedes Objekt, jedes Material, jeder Stoff nur einen gewissen Teil des einfallenden Lichtes zurück, der Rest des Lichtes wird absorbiert. Und genau da kommt Farbe ins Spiel.

Verschiedene Wellenlängen, verschiedene Farben

Aus dem Biologie-Unterricht wisst ihr vielleicht noch, wie weißes Licht durch ein Prisma in seine einzelnen farbigen Bestandteile zerlegt werden kann. Da gibt es rotes Licht, blaues Licht, und so weiter; erst in der Summe wird daraus das weiße Licht der Sonne oder das einer Lampe. Diese verschiedenen Farben haben nun unterschiedliche Wellenlängen, so ist blaues Licht zum Beispiel recht kurzwellig, rotes Licht dagegen langwelliger. Die Abstände, in denen das Licht Wellen schlägt, sind so klein, dass sie im Nanometer-Bereich liegen. Das Spektrum sichtbarer Farben reicht dabei von violett (rund 400 nm Wellenlänge) über blau und grün, weiter über gelb und orange, bis hin zu rot (rund 700 nm Wellenlänge).

Wer aufgepasst hat, versteht schon, worauf die ganze Sache hinausläuft. Trifft das weiße Licht auf einen Körper, absorbiert dieser Körper einen Teil des Lichts und reflektiert einen anderen Teil, beides in einem bestimmten Wellenlängenbereich. Reflektiert ein Körper also aufgrund seiner Beschaffenheit eher kurzwellige Sonnenstrahlen, erscheint er für unser Auge bläulich, wird das reflektierte Spektrum langwelliger mischen sich auch Anteile von grün und gelb mit ein. Wichtig an der Sache: Blaues Licht ist nicht kurzwellig, weil es blau ist, sondern es erscheint uns blau, weil es kurzwellig ist. Das Licht selbst hat im Grunde keine Farbe, unser Gehirn tut nur so, als ob.

Wenn Musik sichtbar wird und Zahlen Farben haben

Stäbchen und Zapfen helfen uns beim Sehen

Eigentlich geschieht das allerdings schon, bevor das Gehirn überhaupt aktiv wird, nämlich schon dann, wenn das Licht unser Auge trifft. Dort wird nämlich die Reflektion des entsprechenden Objektes auf unsere Netzhaut projiziert, wo dann die sogenannten Fotorezeptoren ihre Arbeit verrichten. Davon haben wir Menschen zwei Arten: Die Stäbchen und die Zapfen. Die Stäbchen sind extrem lichtempfindlich und tragen bei Tageslicht oder ausreichender Beleuchtung kaum etwas zum Sehen bei: Erst in der Dämmerung oder bei Nacht werden sie aktiv und erlauben uns dann zumindest noch, Schemen und Umrisse wahrzunehmen.

Der Tag dagegen ist die Zeit der Zapfen. Drei verschiedene Arten hat ein Mensch davon auf seiner Netzhaut. Die sogenannten S-Zapfen (s für „short“) absorbieren Licht in relativ kurzen Wellenlängen, daher ihr Name. M- und L-Zapfen („medium“ und „long“) sind für mittlere und längere Wellenlängen zuständig. Die Zapfen sind untereinander auf komplexe Art und Weise verschaltet. Vereinfacht könnte man sagen, dass sie das aufgenommene Licht in den verschiedenen Wellenlängen miteinander mischen, um einen Farbeindruck zu erzeugen. Aufgrund dieser Farbeindrücke werden die Zapfen in der Wissenschaft auch Blaurezeptoren, Grünrezeptoren und Rotrezeptoren genannt.

Wie Farben entstehen

Ein Beispiel: Ein Objekt erscheint uns blau (oder bläulich) weil es Licht einer bestimmten Wellenlänge (sagen wir bis zu 450nm) reflektiert und den Rest des Lichtes absorbiert. In diesem Wellenlängenbereich sind vor allem die S-Zapfen (oder Blaurezeptoren) aktiv, die M- und L-Zapfen sind weniger empfindlich für solch kurze Wellenlängen. Das Ergebnis, das so schließlich auch an unser Gehirn weitergeleitet wird: Das entsprechende Objekt ist bläulich. Wird dagegen der reflektierte Wellenlängenbereich größer, werden immer weniger S-Zapfen und immer mehr M- und L-Zapfen von dem einfallenden Licht erregt. Die Farbe verändert sich, aus blau wird grün.

Durch die verschiedenen relativen Anteile der aktiv werdenden Zapfen entstehen all die Farben, die wir sehen und unterscheiden können, etwa auch schwarz (wenn ein Objekt das gesamte Licht absorbiert und somit kein Zapfentyp aktiv wird) oder weiß (wenn das gesamte Licht reflektiert wird und alle Zapfenarten gleich stark angeregt werden). Als Fazit also die recht komplexe Antwort auf eine recht banal erscheinende Frage: Farbe ist die Eigenschaft eines Körpers, die unser Gehirn diesem Körper zuschreibt, aufgrund der Beschaffenheit des Lichtes, das von diesem Körper reflektiert wird. Und mehr wissen selbst wir nicht über Farben.