VON MAXIMILIAN REICHLIN | 03.12.2014 15:21

Wann wird Krieg zum Verbrechen?

Die Zahl der zivilen Opfer in den bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen der Terrormiliz IS und den staatlichen Milizen im Irak nimmt jeden Tag weiter zu. Schon wird beiden Seiten vorgeworfen, schwere Kriegsverbrechen zu begehen. Solche im Krieg verübten Straftaten müssen ebenso strafrechtlich verfolgt werden, wie „alltägliche“ Verbrechen. Doch was ist das eigentlich, ein „Kriegsverbrechen“ und wer verfolgt und richtet solche Taten? UNI.DE berichtet: Wenn Krieg zum Verbrechen wird.

Mehr als 12.000 Zivilisten sind alleine in diesem Jahr im Irak bei Angriffen der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) getötet worden. Vor allem Jesiden, Christen und Turkmenen, die im Irak als Minderheiten gelten, sind davon betroffen. Vor kurzem hatte Anmesty International der Organisation bereits vorgeworfen, für Kriegsverbrechen verantwortlich zu sein. Doch auch die von der Regierung in Bagdad eingesetzten Milizen, die zur Bekämpfung des IS eingezogen worden waren, sind vor diesen Anschuldigungen nicht gefeit. Dadurch gerät der schwerwiegende Begriff der Kriegsverbrechen wieder einmal in die internationale Aufmerksamkeit.

Kriegsberichterstatter: Kein Job wie jeder andere

Was sind Kriegsverbrechen...

Welche Handlungen innerhalb eines bewaffneten Konflikts genau als „Kriegsverbrechen“ geahndet werden können, ist nicht immer ganz eindeutig. Grundsätzlich lässt sich jedoch sagen: Ein Kriegsverbrechen liegt dann vor, wenn bewaffnete Streitkräfte einer Partei gegen eine nach Humanitärem Völkerrecht zu schützende Person vorgehen – solche Personen sind etwa Zivilisten und solche, die nicht an den Kampfhandlungen teilnehmen, sowie Schiffbrüchige, Kriegsgefangene oder kampfunfähige Soldaten. Das Humanitäre Völkerrecht stützt sich dabei vor allem auf die Genfer Konventionen von 1949 und die Haager Abkommen.

Andere Arten von Kriegsverbrechen sind etwa das Plündern oder Stehlen fremden Eigentums im Verlauf einer Kampfhandlung oder die Zerstörung von strategisch „unwichtigen“ Gebäuden oder Einrichtungen sowie jeder militärische Schlag gegen Zivilisten und Unbeteiligte. Auch der Einsatz von Gift und chemischen Kampfstoffen kann in ernsten Fällen dazu erklärt werden. Eines Kriegsverbrechens schuldig machen können sich im Grunde also ausschließlich Soldaten und andere Angehörige des Militärs während eines bewaffneten Konflikts. Oder, wie im Falle des IS, bewaffnete Zivilisten, die sich in „Milizen“ zusammengeschlossen haben.

...und wer begeht und richtet sie?

In Deutschland sind die entsprechenden Tatbestände in den Paragraphen 8 bis 12 des „Völkerstrafgesetzbuches“ normiert. Ermittlungen werden hier von der Zentralstelle für die Bekämpfung von Kriegsverbrechen (ZBKV) des Bundeskriminalamtes durchgeführt. Sie arbeitet dabei unter anderem mit dem 2002 gegründeten Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag zusammen, der als oberste Instanz für Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit fungiert (nicht zu verwechseln mit dem Internationalen Gerichtshof (IGH) der Vereinten Nationen).

Weitere historische Beispiele für Kriegsverbrechen lassen sich schnell finden. Als das Bekannteste dürfte dabei der deutsche Holocaust während des zweiten Weltkrieges gelten. Schätzungen zufolge wurden dabei etwa 5,6 Millionen jüdische Zivilisten getötet. Die ZEIT berichtete schon 1969 von weiteren Kriegsverbrechen der Amerikanischen Armee in Vietnam und von Gemetzeln unter der unbewaffneten Bevölkerung ganzer Dörfer, die später auch zur Anklage kamen. Paradox: Henry Kissinger, ehemaliger Außenminister der USA während des Vietnamkrieges, wurde für seine „Verdienste um den Frieden“ nicht nur 1973 mit dem Friedensnobelpreis, sondern 2009 noch für den sogenannten „Friedenspreis“ der NATO-Sicherheitskonferenz ausgezeichnet.