VON CLEMENS POKORNY | 29.05.2015 13:37

Wangari Maathai - Bäume für den Frieden

Umweltschutz dient dem Frieden – so sah es 2004 das Friedensnobelpreiskomitee, als es Wangari Maathai auszeichnete. Die Right Livelihood Award Foundation würdigte die afrikanische Biologin und Tiermedizinerin schon 1984, sieben Jahre nach der Gründung der Green Belt Movement, die sich für die Wiederaufforstung Kenias einsetzt. Dabei ging es von Anfang an um mehr als Umweltschutz.

Vordergründig haben Umwelt- und Naturschutz nicht viel mit Frieden zu tun. Doch wer weiter denkt, sieht Zusammenhänge. In Kenia etwa wurden ab 1950 fast 90% des Baumbestandes abgeholzt, zur kurzsichtigen Nutzung von Brennholz oder zur Gewinnung neuen Ackerlandes, nachdem die Böden während der Kolonialzeit übermäßig beansprucht worden waren. Ein Teufelskreis aus daraus resultierenden geringeren Niederschlägen und somit einer weiteren Verödung des Landes war die Folge. Wo kaum Holz mehr wuchs, wurde es für die Kenianerinnen immer schwieriger, zu kochen – und das, obwohl ihre Grundnahrungsmittel wie Süßkartoffel, Maniok oder Yamswurzel roh ungenießbar sind. Hunger aber bedeutet Armut, und die bereitet Extremismus und Bürgerkrieg nur allzu oft den Boden.

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Vor dem Hintergrund dieser Tatsachen wird die Verleihung des Friedensnobelpreises an Wangari Maathai im Jahr 2004 verständlich. Doch schon zwanzig Jahre zuvor hatte die Right Livelihood Award Foundation die Arbeit der kenianischen Veterinärmedizinerin gewürdigt. 1977 hatte die Professorin die Green Belt Movement (etwa: Grüngürtel-Bewegung) ins Leben gerufen. Vorher hatte sie sich bereits in verschiedenen Umweltschutzprojekten engagiert. Die Green Belt Movement verfolgte von Anfang an eine Dreifachstrategie: Erstens soll die Wiederaufforstung des Landes und damit Renaturierung betrieben werden. Zweitens leistet die Bewegung Bildungsarbeit, um auf eine nachhaltige Waldnutzung hinzuarbeiten. Und drittens verschafft sie vielen Frauen eine weitere Einnahmequelle, denn sie kauft die Setzlinge aus den Baumschulen der Frauen auf, um sie an ausgewählten Stellen anzupflanzen. Kurzum: Die Green Belt Movement leistet Hilfe zur Selbsthilfe und unterstützt dabei mit den Frauen gezielt die schwachen Mitglieder der kenianischen Gesellschaft.

Das Geld für die Wiederaufforstungsprojekte kommt dabei z.B. von europäischen und US-amerikanischen Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit, wird aber teilweise auch selbst erwirtschaftet, nämlich über die Öko-Tourismus-Firma Green Belt Safaris. Der Erfolg kann sich sehen lassen: Bis 2004, dem Jahr der Verleihung des Friedensnobelpreises an Wangari Maathai, hatte die von ihr gegründete Bewegung bereits über 30 Millionen Bäume gepflanzt. Zehntausende Mitstreiter in ganz Kenia unterstützen das Projekt. Etwa 600 Baumschulen wurden gegründet. Die Green Belt Movement ist mittlerweile in 13 afrikanischen Ländern aktiv und dabei besonders in Ostafrika erfolgreich.

Wangari Maathai wurde für ihr Lebenswerk mit zahlreichen Preisen geehrt. Als sie 2011 an Eierstockkrebs starb, konnte sie auf ein mit vielen Aufgaben – unter anderem als stellvertretende Umweltministerin – erfülltes Leben zurückblicken. Nur zwei Schatten fielen darauf: 1977 ließ sich ihr Mann und Vater ihrer drei Kinder, ein Politiker, von ihr scheiden, weil sie eine zu starke und gebildete Frau sei (!). Und im Jahr der Nobelpreisverleihung wurde kolportiert, Maathai habe AIDS als eine von westlichen Wissenschaftlern entwickelte Krankheit bezeichnet, die dem Zweck diene, die afrikanische Bevölkerung zu dezimieren. Die studierte Biologin hat diese Aussage immer bestritten, sich jedoch auch später diffus zu diesem Thema geäußert und die gängigste These – dass das HI-Virus von Affen stamme und von diesen auf den Menschen übergegangen sei – in Abrede gestellt. Wo auch immer hier die Wahrheit liegt: Wangari Maathai war ein Vorbild für Abertausende Afrikanerinnen und hat eine Pionierarbeit auf dem Gebiet des Umweltschutzes geleistet, die bis heute fortwirkt und fortgesetzt wird.