VON JASCHA SCHULZ | 04.05.2015 14:15

Survival International – Anwalt und Sprachrohr indigener Volksgruppen

Die 1969 gegründete Organisation Survival International setzt sich für den Schutz und die Rechte indigener Volksgruppen ein. Diesen werden das Landrecht sowie das Recht auf eigene Lebensbestimmung häufig verwehrt. Auch leiden zahlreiche indigene Völker unter politischer Verfolgung oder Vertreibung. Survival International versucht, die Öffentlichkeit auf die Lage der indigenen Völker aufmerksam zu machen und Druck auf die verantwortlichen Regierungen auszuüben. Für ihre Erfolge und Bemühungen wurde die Organisation bereits 1989 mit dem Right Livelihood Award geehrt.


Zahlreiche Touristen nutzen täglich eine Durchfahrtsstraße auf den indischen Amandanen-Inseln, um die Jarawa zu beobachten. Das Problem dabei: Die Jarawa sind Menschen. Die als ‚Menschensafaris‘ bekannt gewordenen Besichtigungstouren schüchtern Kinder sowie Erwachsene des Jarawa-Volkes ein und stören deren alltägliches Leben. Die für den Stamm überlebenswichtige Jagd wird erheblich erschwert. Außerdem ist bekannt geworden, dass weibliche Mitglieder des Stammes von Wilderern mit Alkohol gefügig gemacht und sexuell missbraucht werden.

Survival International ist eine Organisation, die sich auf den Schutz und die Durchsetzung der Rechte von indigenen Völkern konzentriert hat. Vor fünf Jahren machte sie das erste Mal auf die Menschensafaris auf den Amandanen-Inseln aufmerksam. Seitdem haben sich über 12.000 Menschen bereit erklärt, keinen Urlaub mehr auf den Andamanen-Inseln zu machen. Außerdem übt Survival International Druck auf die ansässigen Behörden aus, eine alternative Seeroute einzurichten. Leider wurde diese bislang nicht freigegeben, weshalb die Touristenströme durch den Wald der Jarawa anhalten.

UNI.DE Special: Überleben

Als indigene Völker bezeichnen die Vereinten Nationen Stämme, die ein historisches Anrecht auf das von ihr bevölkerte Gebiet beanspruchen können. Fast alle indigenen Völker sind um eine Bewahrung ihrer ursprünglichen Kultur bemüht. Der vermeintliche Anspruch auf ein autonomes Leben der Stämme in ihren beheimateten Gebieten kann allerdings in den wenigsten Fällen aufrechterhalten werden. Häufig werden die Völker aus ihren Heimatgebieten vertrieben, zumeist aus ökonomischen Interessen. Viele indigene Volksgruppen werden von der gesellschaftlichen und politischen Teilhabe ausgeschlossen oder gar politisch verfolgt. In zahlreichen Fällen bleiben die Stämme auch nach einer erfolgreichen politischen Gleichstellung stigmatisiert. Vorurteile über die Wildheit und die fehlende Zivilisation der indigenen Völker bleiben nämlich häufig im kollektiven Gedächtnis der Mehrheitsbevölkerung verankert.

Survival International kämpft darum, die Landrechte der indigenen Völker durchzusetzen, um deren Lebensgrundlage zu bewahren. Die Organisation setzt sich außerdem für eine politische Gleichbehandlung ein und versucht die Marginalisierung - das Drängen der indigenen Völkern an den „Rand der Gesellschaft“ - zu verhindern. Eine Zwangsassimilation der Völker an die Lebensweisen der Mehrheitsbevölkerung soll ebenfalls abgewendet werden.

Um diese Ziele zu erreichen, übt Survival International vor allem öffentlichen Druck auf die Regierungen und Unternehmen aus, die das Leben indigener Völker bedrohen. Aus diesem Grund leistet die Organisation intensive Pressearbeit, die zumeist auf eigener Nachforschung in den betreffenden Gebieten beruht. Außerdem fordert sie die Zivilbevölkerung zur privaten Mithilfe auf, zum Beispiel durch das Schreiben von Briefen an Abgeordnete. Unerlässlich ist für Survival International auch die direkte Lobbyarbeit bei den verantwortlichen Regierungen und Unternehmen. Nicht selten schafft es die Organisation, Gespräche zwischen einem Mitglied eines indigenen Volkes und den betreffenden Behörden oder Abgeordneten zu ermöglichen.

Ein weiteres Hauptanliegen von Survival International stellt die internationale Aufklärung dar. Das Vorurteil von indigenen Völkern als wilden Eingeborenenstämmen, die an die ‚zivilisierte‘ Lebensweise angepasst werden müssten, versucht die Organisation aus den Köpfen der Menschen zu vertreiben.

Eine erfolgreiche Durchsetzung der Landrechte von indigenen Völkern gelang der 1969 in London gegründeten Organisation zum Beispiel bei den Yanomami in Brasilien oder bei den Nukak in Kolumbien. Als indische Behörden 1990 die Jarawa zwingen wollten, ihre Wirtschaft ausschließlich auf Fischerei zu umzustellen, konnte Survival International dies verhindern. Nach einer Kampagne in Zusammenarbeit mit mehreren indischen Organisationen änderten die verantwortlichen Behörden 2004 ihren Kurs radikal. Ab diesem Zeitpunkt durfte das Volk ihre Lebensweise und ihre Zukunft selbst bestimmen.

Der öffentliche Druck durch Survival International hat außerdem viele Unternehmen dazu veranlasst, sich aus Projekten zurückzuziehen, die das Leben indigener Völker gefährden. Zum Beispiel konnte der südkoreanische Konzern Hyundai überzeugt werden, nicht in Gebieten des Volksstammes der Udege Holz abzubauen, da dieses für deren Überstehen des kalten sibirischen Winters lebensnotwendig ist.

Für derartige Verdienste wurde Survival International bereits 1989 mit dem als alternativen Nobelpreis bekannten Right Livelihood Award ausgezeichnet. Die Verantwortlichen honorierten mit der Preisverleihung „den längsten, umfassendsten und wirksamsten Kampf für die Rechte, die Lebensweise und die Selbstbestimmung indigener Völker unter Berücksichtigung ihrer Rolle als ökologisches Lebensmodell“.