VON RICHARD KEHL | 26.08.2011 13:05

Studium und Ausbildung doch nicht absetzbar? Schäuble hält neues Gesetz für gesetzeswidrig

Nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) können Lehrlinge und Studenten künftig die Kosten ihrer Ausbildung leichter steuerlich geltend machen. Doch Finanzminister Schäuble steuert gegen: Er will die geplante Absetzbarkeit von Ausgaben für Ausbildung/Studium per Gesetz aushebeln und prangert das Urteil des Bundesfinanzhofs als gesetzeswidrig an.

Seine Argumentation lautet gegenüber der dpa: „Erstausbildung sind keine Werbungskosten“ und zielt darauf ab, dass das Urteil des Bundesfinanzhofs zur steuerlichen Absetzbarkeit von Ausbildungskosten keinen Bestand haben kann. „Ich bin für eine Gesetzesänderung“, so Schäuble weiter. Parteimitglieder der CDU/CSU und FDP haben sich bisher eher wohlwollend über das Bundesfinanzhofurteil geäußert und dürften nun mit der Stimme aus den eigenen Reihen einen internen Konflikt haben.

Noch am Mittwoch hatte der Bundesfinanzhof entschieden: Die Kosten eines Erststudiums oder einer sonstigen teuren Ausbildung sind künftig steuerlich absetzbar. Das soll auch noch Jahre später gültig sein, wenn es darum geht, das erste Gehalt zu versteuern. Die Kosten betreffen primär Studiengebühren, Bücher, Fahrkosten zur Uni, aber nicht den Unterhalt beziehungsweise die Miete für einen Studentenwohnung oder Kosten einer Wohngemeinschaft. Die Urteile des Bundesfinanzhof sind somit in der letzten Instanz rechtskräftig. Doch der Finanzminister sieht hier Rot. Er spricht von Gesetzeswidrigkeit: Eine sogenannte Bindungswirkung haben sie aber erst einmal nur im konkreten Fall. Die Steuerverwaltung muss Urteile des Bundesfinanzhofs erst beachten, wenn sie im Bundessteuerblatt veröffentlicht werden. Das ist bisher noch nicht geschehen. Eine dementsprechende Entscheidung, ob und wann dies geschieht, treffen die Finanzministerien von Bund und Ländern gemeinsam.

Hierfür gibt es folgende drei Möglichkeiten: Zum einem könnte die Politik die Gesetzesentscheidung des Bundesfinanzhofs einfach akzeptieren und den Finanzgerichten die weitere Ausgestaltung überlassen. Zum anderen könnten die Finanzministerien auch zum Schluss kommen, dass der Bundesfinanzhof das geltende Recht falsch angewandt hat. Dies hätte eine Veröffentlichung eines sogenannten Nichtanwendungserlass zur Folge. Allerdings will dies Finanzminister Schäuble vermeiden: Bei neuen Klagen würde ein anderer Bundesfinanzhof-Senat zu anderen Ergebnissen kommen. In der letzten Möglichkeit sieht Wolfgang Schäuble seine Chance: Der Bundestag soll als Gesetzgeber aktiv werden. Und, auch hier gibt es wieder verschiedene Optionen. Der Bundestag könnte nur die Grundsätze des Bundesfinanzhofs-Urteils „ausgestalten“. Somit könnte eine schnelle Rechtssicherheit geschaffen werden, womit das Parlament auch in der Lage wäre, Bundesfinanzhof-Urteile anpassen zu können. Als Beispiel könnte man hier einen absetzbaren Pauschalbetrag anführen, der abgesetzt werden kann. Der Finanzminister tendiert aber noch mehr dazu, durch diese geschaffene Lücke der Modifizierung Bundesfinanzhof-Urteile generell auch ganz aushebeln zu können. Er beruft sich hierbei auf seine Steuerrecht-Ausbildung, in der die Erstausbildung nicht als Werbungskosten oder Sonderausgaben anerkannt wurden.