VON ALEXANDER STIEHLE | 04.01.2013 16:26

Schattenbanken – Die Macht hinter den Kulissen

Sie arbeiten im Verborgenen – größtenteils unkontrolliert greifen sie in das nationale und internationale Finanzgeschehen ein und verwalten dabei kaum fassbare Geldbeträge. Weltweit beläuft sich das Anlagevermögen des Schattenbankensektors auf 67 Billionen Dollar.



Was ist eine Schattenbank?

Bei Schattenbanken handelt es sich um Unternehmen, die ähnliche Funktionen wie eine Bank wahrnehmen, aber im Gegensatz zu Banken fast keinerlei Kontrolle unterliegen. Sie bewegen sich in einer Schattenwelt, in einer Grauzone, daher werden sie so genannt. Auch weil sich ihre Geschäfte größtenteils der Kenntnis der Öffentlichkeit entziehen. Zu Schattenbanken zählen Geldmarktfonds, börsengehaltene Indexfonds und spezielle Zweckgesellschaften. Eine der bekanntesten Schattenbanken ist die Firma Blackstone. Dabei handelt es sich um eine an der Börse notierte US-amerikanische Investmentgesellschaft mit Hauptsitz in New York City. Das Unternehmen wurde 1985 von Stephen Schwarzman und dem früheren US-Handelsminister Peter George Peterson mit einem Startkapital von 400.000 Dollar gegründet. Mittlerweile verwaltet sie 55 Milliarden Dollar. Blackstone zählt zu den führenden Beratern in Sachen Übernahmen und Fusionen, hilft bei Restrukturierungen und verleiht Geld.

Inwieweit können sie eine Gefahr für das Finanzsystem sein?

Mission Finanzmarkt

Laut einer Studie wickeln Schattenbanken ungefähr ein Viertel aller Geldgeschäfte im internationalen Geldwesen ab. Wie schon erwähnt werden sie dabei weder kontrolliert noch reguliert. Der Finanzstabilitätsrat (FSB), einem Zusammenschluss von Notenbanken und Aufsichtsbehörden, widmet seinen jüngsten Bericht intensiv den Schattenbanken. Diese Bezeichnung klingt düster und verhängnisvoll, doch Schattenbanken können nicht als das Tumorgeschwür der Finanzwelt angesehen werden. Sie erfüllen oft auch eine wichtige Aufgabe: Laut dem FSB-Bericht bieten sie vielen Unternehmen eine Alternative zur Bankfinanzierung. Wer also von Banken keinen Kredit mehr bewilligt bekommt, oder wer sich nicht auf lange Verhandlungen einlassen will, wendet sich an eine Schattenbank. Schnell und effizient, aber auch gefährlich, denn Schattenbanken gehen oft viel riskantere Geschäfte ein als normale Banken.

Hedgefonds zum Beispiel investieren häufig in Finanzprodukte, die den Banken zu riskant sind. Zudem spekulieren sie oft mit Geld, das sie sich bei Banken geliehen haben. Gehen die Investments schief, droht eine Dominoreaktion, die auch die Banken in den Abgrund reißen kann. Zweckgesellschaften werden von Banken außerhalb der regulären Bilanzen geführt und betreiben zum Beispiel sogenannte Fristentransformation: Dabei handelt es sich um langfristige Geschäfte, wie hochverzinste Hypotheken mit 25 Jahren Laufzeit. Diese wiederrum werden durch kurzfristige Schuldpapiere mit niedrigen Zinsen refinanziert. Geht das schief, weil niemand mehr die kurzfristigen Schuldpapiere kaufen will, stürzt die ganze Gesellschaft ab.

Gegenmaßnahmen?

Der FSB will nun Maßnahmen ergreifen, um den Schattenbanksektor sicherer und transparenter zu machen. In ihrem jüngsten Bericht schlagen die Experten eine Reihe von Optionen vor: Verschuldungshöchstgrenzen, Liquiditätspuffer, Regulierung der Laufzeiten in den Wertpapierportfolios der Schattenbanken. Am wichtigsten ist aber, dass sie endlich einer Aufsicht unterworfen werden. Aber wie soll man jemanden an eine übergeordnete Autorität binden, den man gar nicht kennt? Genau hier liegt das Problem: Viele der Schattenbanken sind gar nicht bekannt. Ihre Akteure sitzen in Offshore-Finanzplätzen wie den Kaiman-Inseln oder dem US-Bundesstaat Delaware. Sie tauchen in keiner Statistik auf. Es ist dennoch bekannt, dass das größte Schattenbankensystem in den USA existiert: 23 Billionen Dollar an Vermögenswerten lagen vergangenes Jahr in diesem Sektor.