VON Michael Blum | 13.02.2012 15:00

Je virtueller das Studium, desto wichtiger wird bildnerisches Gestalten

„Raumkörper – Gebaute Wahrnehmungen“. Ein Besuch der Ausstellung zu den Semesterarbeiten des Lehrstuhles für Bildnerisches Gestalten in München, Fakultät für Architektur an der Technischen Universität; Wintersemester 2011/12.

Raumkörper: Die überdimensionale Türe, der langsam vor sich hin schmelzende Eisklotz, der riesige Baum aus Draht, das Video einer permanent durch eine Fabrikhalle schaukelnden Frau - das sind nur einige der vielen beeindruckenden Arbeiten, die Studenten des Lehrstuhles für Bildnerisches Gestalten an der TU München bei ihrer Semesterabschlussausstellung präsentieren. Unter dem Motto „Raumkörper – Gebaute Wahrnehmungen“ setzen sie jedoch nicht nur ihre eigenen Semester-Arbeiten gekonnt in Szene, sondern gleichzeitig die faszinierenden Räumlichkeiten des Lehrstuhles selber und nicht zuletzt auch seine Bedeutung innerhalb der Fakultät für Architektur.

Dass hier Kunstwerke angehender Architekten ausgestellt sind, fällt nicht auf Anhieb ins Auge. Eher würde der Besucher vielleicht wohldurchdachte geometrische, statisch exakt berechnete, womöglich am Computer vorbereitete und per 3D-Drucker ausgeschnittene Modelle von Wohnblocks, Einkaufszentren oder Bürokomplexen erwarten. Nicht so am Lehrstuhl von Frau Professor Tina Haase und ihrem Team. Hier sollen die Studenten in direkten Kontakt mit dem Material kommen, das sie verwenden wollen, es mit den eigenen Händen fühlen und sich mit seinen Eigenheiten auseinandersetzen. Im Rahmen des zu bearbeitenden Semesterthemas sind die Studenten sehr frei, was Umsetzung, Auslegung und Medium ihrer Arbeiten betrifft. Somit können sie hier eher gesamtsichtliche Erfahrungen machen, die bewusst einen Gegenpol bilden, zu dem sonst in Studium und Beruf immer mehr in den Vordergrund tretenden Zwang zur Spezialisierung.

Zur dieser Gesamtsicht gehört auch die intensivere Auseinandersetzung mit sich selbst und den eigenen Ideen während der Entstehung der Kunstgegenstände – oftmals eine schwierige, häufig aber doch lohnende Herausforderung für Studenten und Lehrstuhl gleichermaßen. So imponieren bei den Arbeiten im Wintersemester 2011/12 insbesondere die Fülle der Medien und die Individualität der Kunstwerke. Unweigerlich setzt sich der Betrachter mit den vielen unterschiedlichen Wahrnehmungsmöglichkeiten des eigenen Körpers im Raum auseinander – diese aufzuzeigen, ist wohl ein Ziel dieser Ausstellung.

Mit dem Lehrstuhl für Bildnerisches Gestalten können Architekturstudenten in München in Form von verschiedenen Modulen, Projekten und Exkursionen in Berührung kommen. Dass dieses Fach im Rahmen eines Architekturstudiums überhaupt angeboten wird, ist keinesfalls die Regel in Deutschland. In München jedoch eine sicher bereichernde Ergänzung eines mehr und mehr zur Virtualität neigenden Fachbereiches. Weitere Informationen zum Lehrstuhl für bildenrisches Gestalten.