VON ANNABELLA MARTINZ | 30.01.2017 14:08

Der richtige Umgang mit den Medien

In einer Zeit, in der das Wort „postfaktisch“ zum Wort des Jahres 2016 gewählt wird, scheint es so, als herrsche Aufklärungsbedarf in Bezug auf die richtige Nutzung der neuen Medien. Uni.de klärt auf.

In Zeiten des freien Flusses der Informationen, ja gar der Überinformation, ist es kaum mehr möglich, sich den Einflüssen der Medien zu entziehen. An jeder Straßenecke springen einem die Schlagzeilen der Tages- und Boulevardzeitungen förmlich ins Auge, auf öffentlichen Großleinwänden werden die aktuellen Nachrichten projiziert und in den sozialen Netzwerken befindet sich ein Pool an Informationen und Meinungen zu jedem Themen – angefangen bei Politik bis hin zu Reisetipps. Um mit dem Informationsangebot differenziert umgehen zu können, bedarf es einer Fähigkeit, die sich erlernen lässt: die Medienkompetenz.

Medienkompetenz – ein Wort, viele Dimensionen

Mit Medien kompetent umzugehen bedeutet erst einmal in der Lage zu sein, das Medium an sich nutzen zu können, also das technische Wissen zu haben, wie das Trägermedium zu bedienen ist. Oftmals haben vor allem ältere Menschen schon mit der Bedienung des Trägermediums Schwierigkeiten, was sie in der Nutzung der neuen Medien erheblich einschränkt. Schon in dieser Dimension herrscht Aufklärungsbedarf.

Doch ist diese Hürde erst einmal bewältigt, geht es um die Nutzung des Inhalts. Dieter Baacke, der den Begriff der Medienkompetenz erheblich mitgestaltete, gliederte den Begriff in vier Dimensionen: Medienkritik, Medienkunde, Mediennutzung und Mediengestaltung. Um mit den Medien kompetent umgehen zu können, bedarf es der Medienpädagogik. Dieter Baackes Dimensionen wurden seit den 1990er Jahren vielfach weiterentwickelt, wodurch bis heute mehr als 100 Definitionen von Medienkompetenz entstanden. In der Medienkompetenz geht es nun im Allgemeinen darum, sich alle Dimensionen der Mediennutzung anzueignen und das Medium reflektiert und reflektierend, sowie möglichst objektiv handzuhaben.

Um das auf unser Alltagshandeln anzuwenden, lässt es sich auch so formulieren: Zählt die Medienkompetenz zu meinen Fähigkeiten, kann ich mit Zeitungen, Zeitschriften, dem Internet und den Sozialen Medien umgehen und „fake news“ von richtigen unterscheiden. Ich kann Meinungen von Tatsachenberichten unterscheiden, mich von Gesagtem distanzieren und weiß, dass auch Mediengestalter eigene Interessen vertreten.

„Die Wahrheit liegt im Auge des Betrachters.“

Um sich also der reinsten Form der Wahrheit anzunähern, reicht es nicht aus, nur ein Medium zu Rate zu ziehen. Tut man dies trotzdem, kann es zu dem ein oder anderen Fauxpas kommen, wie das nachfolgende Beispiel auf lustige Weise zeigt.

Fiktiver Barbesitzer pleite

Der Postillon ist eine Satire-Zeitschrift, die erfundene Nachrichten zur Aufheiterung der Leser verbreitet. Einigen Menschen fällt es jedoch schwer, die Postillon-Nachrichten als Satire zu identifizieren, darunter auch in diesem Fall dem russischen Staatsfernsehen.

Internationale Nachrichtensender, darunter das russische Staatsfernsehen, brachten die Meldung, dass ein Barbesitzer bankrott gegangen wäre, weil Deutschland so viele Tore geschossen hatte und er pro Tor eine Runde Schnaps an seine Gäste ausgegeben hätte. Die Geschichte war vom Postillon frei erfunden worden.

Wie der Fall zeigt, versagen auch ausgebildete Redakteure der größten Medienanstalten.

An dieser Stelle kommt die Frage auf: Welchen Medien kann man denn überhaupt noch glauben? Haben sich nicht die Journalisten dazu verpflichtet, das Volk aufzuklären? Uwe Krüger analysiert in seinem 2016 erschienenen Buch „Mainstream. Warum wir den Medien nicht mehr trauen“ die Hintergründe, wie es zu falscher bzw. verzerrter Berichterstattung kommen kann. Laut Krüger besteht das Problem im „medialen Mainstream“. Zwar lassen auch Leitmedien Kritiker zu, jedoch bekommen diese eine relativ kleine Stimme und beeinflussen nicht den weiteren Verlauf der Berichterstattung. In Themen und Meinungen orientieren sich die Medien aneinander, wodurch ein Meinungsbild gefördert und verstärkt wird, statt es kritisch und vor allem ausführlich zu hinterfragen. Denn genau dafür fehlt meist die Zeit: Die Arbeitsbedingungen der Journalisten werden schlechter. Sie stehen unter immensem Zeitdruck. Eine Nachricht muss vor allem aktuell sein. Und was aktuell bedeutet, hängt ganz vom Medium ab. Tageszeitungen müssen in wenigen Stunden bestückt werden, wodurch eine ausgiebige Recherche fast unmöglich erscheint. Vor allem in Anbetracht dessen, dass immer mehr Stellen abgebaut werden. So wühlen sich Journalisten durch zig Nachrichten und müssen in Kürze herausfinden, welche der vorliegenden relevant ist. Der Druck ist immens, denn wurde die Nachricht bereits vom Konkurrenten veröffentlicht, hat sie den Großteil ihres Wertes verloren.

Atlantik-Brücke e.V. - Die böse Macht hinter dem deutschen Journalismus?

Um Zeit zu sparen verlassen sich Journalisten auf Nachrichtenagenturen und Presseservices, die ihnen die Nachrichten, nach journalistischen Kriterien aufbereitet, liefern, sodass diese nur noch ein wenig umgeschrieben werden müssen.

Doch der Faktor Zeit ist nicht das einzige Übel. Journalisten stehen wie jeder andere unter äußeren und inneren Zwängen. Sie schreiben für eine Zeitung, die zum Beispiel eine bestimmte politische Ausrichtung hat. Und sind selbst nicht wertfrei. Auch sie haben ihre Meinungen und Ansichten. Dennoch fungieren sie als Meinungsbildner der Gesellschaft unter dem Deckmantel der Wertfreiheit.

Die Herausforderungen steigen

In einem Zeitalter, in dem der emotional aufgeladene Schreibstil siegt und die Nachrichtenberichterstattung skeptisch beäugt wird, ist die Ausbildung der eigenen Medienkompetenz unabdingbar. Liegt das Interesse für ein Thema vor, sollte immer die Quelle geprüft werden und entschieden werden, ob diese vertrauenswürdig ist. Am besten ist es, man informiert sich nicht nur anhand eines Mediums, sondern zieht auch andere zu Rate. Eine Stimme hat immer auch eine Gegenstimme. Um sich also eine Meinung zu bilden, sollte man verschiedenste Medien nutzen, diese immer kritisch hinterfragen und auch die Gegenstimme zu Wort kommen lassen.