VON LISI WASMER | 13.11.2013 14:23

„Der Lustmolch“ von Christopher Moore

Wie jeder gute Krimi beginnt auch der „Lustmolch“ von Christopher Moore mit einer Leiche: Bess Leander, Mutter zweier Kinder hängt tot von der Decke ihres Hauses in der Kleinstadt Pine Cove. Was folgt sind 320 Seiten bester Unterhaltung. Von einem durch atomare Verschmutzung mutierten Seemonster über eine ganze Stadt im Sex-Taumel bis hin zu einem pisciphilen Apotheker - Christopher Moore lässt in seinem Roman keine Gelegenheit aus, seine offensichtlich blühende und vermutlich leicht gestörte Phantasie in aberwitzigen Schilderungen und Verwicklungen voll auszuleben. Natürlich nicht, ohne dabei auch die Rahmenhandlung voranzubringen: Dorfpolizist Theophilus Crowe ist seinem korrupten Boss und dessen Drogengeschäften hart auf den Fersen.


Man kann schon nicht ganz normal sein, wenn man ein Buch wie den „Lustmolch“ geschrieben hat. Christopher Moore, seines Zeichens Journalist, der erst über Umwege (Dachdecker, Kellner, Photograph, Versicherungsvertreter) zum Schreiben kam, ist offensichtlich fernab jeder Gewöhnlichkeit. Wer etwa einen erwachsenen Mann sehen will, der bis zur Nase in einem bunten Ballbecken verschwindet wie ein Frosch im Gartenteich und diese Bilder dann auch noch als offiziellen Internetauftritt zelebriert, ist bei Moore genau richtig. Was aber macht ihm zum Bestseller-Autor? Vermutlich seine Fähigkeit, bei all dem Wahnsinn, den er in seine Zeilen steckt, das große Ganze, also die spannende Hintergrundgeschichte nicht aus den Augen zu verlieren.

Sex, Drugs and Blues

Der Irrwitz, in dem sich Moore mit dem „Lustmolch“ bewegt, macht eine kurze Zusammenfassung des Inhalts schier unmöglich. Da gibt es Bess Leander, die nach einer Überdosis Antidepressiva tot von der Decke ihres Hauses in Pine Cove hängt. Da ist die ehemalige Erotikfilmdarstellerin Molly, die mit dem vom Blues angezogenen Seemonster Steve eine Liebesaffäre eingeht. Und da sind die Dorfbewohner, die von der Psychiaterin über Jahre hinweg mit Happy-Pills ruhiggestellt und nach dem scheinbaren Suizid Bess Leanders auf Entzug gesetzt wurden, was in einer überhöhten Libido, jeder Menge Kopulation und vor allem in absolutem Chaos endet.

Das sind nur ein paar der Probleme, denen sich Constable Theophilus Crowe gegenüber sieht (mal abgesehen von der Frage, wann er endlich wieder in Ruhe seiner Lieblingsbeschäftigung, dem Kiffen, nachkommen kann). Als der Lustmolch Steve dann noch anfängt, die Bewohner von Pine Cove zu verspeisen und Theo den dunklen Machenschaften seines korrupten Chefs auf die Schliche kommt, ist es um den Frieden in der Kleinstadt endgültig geschehen.

Literatur wie sie sein soll

Einmal alles bitte, aber möglichst abgefahren. Das ist Christopher Moore. Keiner beherrscht die humoristische Absurdität so wie er. Wer gehaltvolle Literatur will, kritisch hinterfragend und zum Nachdenken anregend, ist hier falsch. Aber was heutzutage viel zu oft vergessen wird, ist, dass Literatur neben ihrer Aufgabe als Medium der Aufklärung, der moralischen Anprangerung oder der wissenschaftlichen Untersuchung schon immer auch diesem Zweck dienen sollte: zu unterhalten. Moore beherrscht diese Kunst par excellence: Der „Lustmolch“ macht sich nicht nur über die Einwohner von Pine Cove her, er verschlingt auch seine Leser, paralysiert durch immer neue Skurrilitäten. Ein Maschinenfeuer an Witzen, manchmal platt, immer gelungen, prasseln auf ihn ein, die Ereignisse überschlagen sich und erst ganz am Ende fügt sich alles in ein Gesamtbild ein, vor dem man stehen bleibt und denkt: Der Typ ist verrückt.

Moore, Christopher: „Der Lustmolch“
Verlag Goldmann, München, 2001, 320 S.
ISBN 978-3442449866 Taschenbuch Preis € 8,00