VON ALEXANDER STIEHLE | 21.06.2012 14:30

Kriegsführung der Zukunft

Am 17. Januar 2002 nahm das Kommando Strategische Aufklärung, ein Großverband der Bundeswehr, seinen Dienst auf. Eine spezielle Hackergruppe die sich seit 2006 im Aufbau befindet, ist Teil dieses Kommandos. Ihre Aufgabe ist es in fremde Netzwerke einzudringen, sie auszukundschaften, zu manipulieren und zu zerstören. Krieg wird digital. Das neue Schlachtfeld: der Cyberspace.

Früher rannten Soldaten unter Deckungsfeuer durch Häuserschluchten, Panzer rollten über weite Flächen und Jets lieferten sich am Himmel Luftkämpfe. Inzwischen ist es jedoch schwer einen Krieg nur mit den „altmodischen“ Methoden zu gewinnen. Wer sich auf der Siegerseite wissen will, muss auch für den Krieg im Cyberspace gerüstet sein. So wird nicht mehr mit Blei und Raketen geschossen, sondern mit Computerviren- und Würmern.

Studenten als Hacker

Im Juni 2010 wurde ein Computerwurm namens Stuxnet entdeckt. Das Schadprogramm hat in die Steuerung von Frequenzumrichtern eingegriffen. Solche Umrichter werden dazu benutzt, die Geschwindigkeit von Motoren zu steuern, wie sie zum Beispiel in Wasserkraftwerken oder Pipelines zum Einsatz kommen. Bis Ende September 2010 stellte der Iran den größten Anteil an infizierten Computern. Besonders in der iranischen Atomanlage Natans hat der Wurm großen Schaden angerichtet. Mithilfe von Stuxnet seien Uranzentrifugen zerstört worden. Nun erhärtet sich der Verdacht immer mehr, dass die USA und Israel hinter der Cyberattacke stecken könnten. Die „New York Times“ liefert nun erstmals Belege dafür, dass es Präsident Barack Obama persönlich war, der die Angriffe mit dem Computerwurm anordnete. Nach Angaben des Weißen Hauses soll das iranische Atomprogramm durch den Cyberangriff um 18 bis 24 Monate zurückgeworfen sein.

Im Anschluss an Stuxnet folgte ein weiterer Angriff: Flame. Im Mai 2012 wurde der Wurm von Antivirus-Experten des russischen IT-Sicherheitsspezialisten Kaspersky entdeckt. Der Virus ermöglicht es Gespräche über das Mikrofon eines Rechners abzuhören, Screenshots zu machen und Tastatureingaben abzufangen. Kaspersky bezeichnete den Virus als gefährliche Waffe, das Bundesamt für Sicherheit stufte ihn als eher harmlos ein. Nach Erkenntnissen der Washington Post sei auch Flame eine Gemeinschaftsentwicklung der USA und Israel gewesen. Die CIA, der amerikanische Nachrichtendienst National Security Agency (NSA), sowie das israelische Militär sollen daran beteiligt gewesen sein. Befallen wurden bislang vor allem Computer im Nahen Osten. Dort waren sowohl Einzelpersonen als auch staatliche Organisationen und Bildungseinrichtungen betroffen. Inzwischen ist klar, dass Flame aus Stuxnet hervorgegangen ist.

Auch die Bundeswehr rüstet auf: Sie richtete 2000 einen eigenen IT-Stab ein, der Konzepte zum Schutz vor Folgen eines Informationskrieges erarbeiten sollte. In Gelsdorf bei Bonn gibt es nun eine „Abteilung Computernetzwerkoperationen“. Sie wurde 2006 eingerichtet, ist aber noch nicht voll einsatzfähig. Die Abteilung kooperiert mit den entsprechenden Einrichtungen anderer Länder wie den USA, Großbritannien, Dänemark, Frankreich und der Schweiz.

Das Problem: Vom Krieg im herkömmlichen Sinn unterscheidet sich der Cyberwar grundsätzlich. Der Verkauf von Kriegsgerät wird streng überwacht, Viren und Würmer können von jedermann via USB-Stick transportiert werden.