VON MAXIMILIAN REICHLIN | 23.12.2013 16:52

Das Wirrwarr um die Netzpolitik – Wer hat auf der Datenautobahn das Sagen?

Netzaktivisten und -politiker fordern schon lange eine Beteiligung der deutschen Regierung an den Themen des digitalen Zeitalters – Datenschutz, Urheberrecht und Netzsicherheit. Mit dem Posten des Internetministers kommen diese und weitere Themen nun zumindest formell auf den politischen Tisch. Alexander Dobrindt, zuständig für „Verkehr und digitale Infrastruktur“ soll den Posten ausfüllen. Unklar ist allerdings, welche Kompetenzen Dobrindt mitbringt und welchen Einfluss er in seiner neuen Funktion haben wird, denn: Auch andere Ministerien wollen sich für die Netzpolitik verantwortlich zeichnen. UNI.DE über ein politisches Wirrwarr.

Bei Netzpolitikern und -aktivisten steht der politische Hardliner Dobrindt bereits jetzt in der Kritik. Begründung: Der neue sogenannte „Internetminister“ verfügt nicht über einen Twitter-Account und scheint sich auch sonst nicht oft in die digitalen Breiten zu begeben. Sein letzter Facebook-Eintrag stammt aus dem September. Die Frage ist offen, ob Dobrindt überhaupt die nötigen Kompetenzen mitbringt, das gerade in den letzten Jahren vielfach geforderte „Internetministerium“ zu führen.

1984 oder 2013?

Dabei ist ohnehin noch völlig unklar, welche Aufgaben Dobrindt in seiner neuen Position überhaupt übernehmen wird. Immerhin ist nur ein Teil der deutschen Netzpolitik in seinem Ressort angesiedelt, der Ausbau der „Datenautobahn“, weswegen er bereits als „Breitbandbeauftragter“ bezeichnet wird. Schlimmer noch: Dobrindt wird unterstellt, mit dem Aufbau einer digitalen Infrastruktur die umstrittene Vorratsdatenspeicherung zu unterstützen. Andere Themen wie die digitale Überwachung – Stichwort: NSA-Affäre – tauchen in den politischen Plänen des Internetministers und seiner CSU-Staatssekretärin Dorothee Bär bisher nicht auf.

Solche Fragen sollen wohl in anderen Ministerien behandelt werden. So meldete SPD-Chef Sigmar Gabriel, seines Zeichens Bundeswirtschaftsminister, bereits ein Vorrecht auf die „wichtigen“ Themen zur Netzpolitik an, die, laut eigener Aussage, allesamt in der Hand des Wirtschaftsministerium bleiben sollen. Dobrindt dagegen habe lediglich zwei Referate für den Breitbandausbau bekommen. Sicherheitsfragen und dergleichen, etwa die Vorratsdatenspeicherung, sollen weiterhin im Innenministerium diskutiert werden, Datenschutz und Verbraucherrechte dagegen im Justizministerium und Bundeskulturministerin Monika Grütters wird sich wohl eingehender mit dem Urheberrecht auseinander setzen.

Dieses rot-schwarze politische Wirwarr lässt viel Raum für Fragen. Wer koordiniert die einzelnen Ministerien in Sachen Netzpolitik? Gibt es überhaupt eine regelnde Stelle? „Oder läuft das weiter eher nebeneinander, wie bisher?“ Diese Frage stellte sich etwa Markus Beckedahl von „netzpolitik.org.“ Der Umgang der Koalition mit dem wichtigen Thema stößt also zumindest auf Verwirrung, meistens jedoch auf harsche Kritik. So hagelte es nur wenige Minuten nach der Einsetzung Dobrindts als „Internetminister“ hämische Witze – natürlich über die „Datenautobahn“. Auf Twitter, Facebook und Co. reden sich die Internetnutzer über die „Fehlbesetzung“ die Köpfe heiß. Auch die FAZ konstatiert: „Die Union hat die fundamentale Bedeutung des Themas noch immer nicht begriffen.“ Es bleibt daher spannend, wie sich das Knäuel um die Netzpolitik noch auflösen wird. Klar ist aber bereits: Glücklich sind Internetpolitiker und -aktivisten nicht mit dem aktuellen Kurs der Regierung.