VON MAXIMILIAN REICHLIN | 23.04.2015 11:14

Internationaler Arbeitsmarkt – Personen mit Migrationshintergrund haben es in Deutschland oft schwer

Der deutsche Arbeitsmarkt wird immer internationaler. Wo vor einigen Jahren noch vor einem dramatischen Mangel an Fachkräften gewarnt wurde, belegen Studien nun, dass immer mehr gut qualifizierte Einwanderinnen und Einwanderer nach Deutschland kommen, die die Lücken füllen können. Das stellt sowohl Politik als auch Wirtschaft vor neue Herausforderungen, aber auch Chancen. Gleichzeitig wirft es Fragen auf: Bleiben Personen mit Migrationshintergrund, die ohne hochwertige Ausbildung nach Deutschland kommen, auf der Strecke? UNI.DE informiert.

Fast die Hälfte aller ausländischen Zugewanderten in Deutschland bringen einen Hochschulabschluss mit, viele davon in naturwissenschaftlichen und/oder technischen Disziplinen. Zu diesem Ergebnis gelangte bereits 2012 das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Diese ausländischen Fachkräfte bedienen damit einen Mangel an MINT-Fachkräften (Fachkräften aus Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik), vor dem vor allem das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) regelmäßig dramatisch warnt, zuletzt in der vergangenen Woche. Demnach gehen dem Arbeitsmarkt bis 2029 bis zu 390.000 Ingenieure verloren.

MINT Schnupperstudium an der TU München

Deutschland braucht ausländische Fachkräfte...

Experten gehen allerdings davon aus, dass sich die düsteren Prognosen, wie schon die Prognosen der Vergangenheit, als Schwarzmalerei herausstellen werden. Ein allgemeiner Mangel auf dem Arbeitsmarkt, gerade in den MINT-Berufen, drohe demnach nicht mehr. Das dürfte vor allem auf die gerade in den vergangenen Jahren gestiegene Zuwanderung gut ausgebildeter Fachkräfte zurückzuführen sein. Ein grundlegender Wandel der deutschen Einwanderungspolitik in den beiden vergangenen Jahrzehnten macht eine solche Entwicklung möglich: So wurde etwa der Einbürgerungsprozess in Deutschland durch das 2005 erlassene Zuwanderungsgesetz vereinfacht.

Der Kurs der Regierung: Deutschland braucht Zuwanderung! Unternehmen bemühen sich nun vermehrt um die ausländischen Fachkräfte, suchen gezielt nach Akademikern und anderen hochqualifizierten Personen. Interne Integrationsmaßnahmen, die Schaffung einer familienfreundlichen Infrastruktur sowie Programme wie die „Förderung der beruflichen Mobilität von ausbildungsinteressierten Jugendlichen und arbeitslosen jungen Fachkräften aus Europa" (MobiPro-EU) gehören längst zum wirtschaftlichen Alltag großer Unternehmen. Mittlerweile besteht der deutsche Arbeitsmarkt rund zu einem Fünftel aus Personen mit Migrationshintergrund.

...die dann doch auf der Strecke bleiben?

Dennoch ist nicht alles eitel Sonnenschein auf dem deutschen Arbeitsmarkt. Obwohl viele Fachkräfte durch vakante Stellen nach Deutschland gelockt werden, bleiben, einer im vergangenen Jahr erschienen Studie des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung zufolge, viele davon lange ohne adäquaten Job und landen in Stellen, für die sie eigentlich überqualifiziert sind. Insgesamt sind ausländische Personen bundesweit noch immer zwei- bis dreimal öfter arbeitslos als Einheimische.

Kinder von ausländischen Eltern ohne hochwertige Qualifikationen bleiben noch eher auf der Strecke, oft bleibt der geringe Bildungsstand erhalten. Unter den türkischen Zugewanderten – nach den deutschen Spätaussiedlern die zweitgrößte Migrantengruppe – schließt nur etwa jeder Vierte die Schule mit einem Abitur ab, was deutlich unter dem deutschen Durchschnitt von 43 Prozent liegt. Vor allem ausländische Familien mit geringem Bildungsstand haben es auch schwerer mit der Integration. Hier fehlt es in weiten Teilen noch an Förderungsmöglichkeiten und gezielte Reformen des Bildungssystems, finden die Forscher des Berlin-Instituts.