VON PHILLIPPINE SENSMEIER | 24.05.2012 16:50

Feinde des Internets – Reporter ohne Grenzen berichten

Wir leben in einer Welt, in der das Internet Kommunikationsmittel Nummer 1 ist. Wir twittern, bloggen, vernetzen uns über Facebook und bleiben dadurch ständig auf dem Laufenden. Sogar Revolutionen treiben wir im Netz voran – freie Meinungsäußerung, ungehinderte Kommunikation, Internationalität: Im Netz ist alles erlaubt…

…schön wär´s! Leider ist es heute doch etwas komplizierter: Die oben geschilderten Freiheiten sind nicht überall auf der Welt Realität. Viele Länder kontrollieren, unterdrücken oder steuern bestimmte Inhalte im Netz und nutzen es gleichzeitig für propagandistische Zwecke. Sie manipulieren die Nachrichten oder Meinungsäußerungen von Oppositionellen und verbieten bestimmte Webseiten mit erotischem oder religiösem Inhalt. Mancherorts werden Online-Journalisten sogar verfolgt und wie Verbrecher behandelt. Welche Länder am schlimmsten betroffen sind, wurde letztes Jahr von den Reportern ohne Grenzen (ROG) in ihrem Bericht „Feinde des Internets“ veröffentlicht. Auf ihrer Homepage zählen die ROG zudem die bis dato getöteten und inhaftierten Journalisten und berichten über die perfiden Machenschaften der genannten Regierungen.

Ebenfalls einer der Internet-Enemies: China.

Im Zentrum der Kritik stehen seit einigen Jahren die Länder Birma, China, Kuba, Iran, Nordkorea, Saudi-Arabien, Syrien, Turkmenistan, Usbekistan und Vietnam. Sie alle setzen massive Filterungen in ihren Internetkontrollen ein und sperren reihenweise Webseiten. Außerdem unterdrücken sie kritische Internetnutzer systematisch und manipulieren die Inhalte zu ihren Gunsten. Auch „westliche“ Länder wie Australien und Frankreich stehen seit letzem Jahr erstmals unter Beobachtung der ROG: Unser französischer Nachbar erließ 2011 das Online-Gesetzespaket „Loppsi 2“, durch dass das Innenministerium unter anderem Provider beauftragen kann, die Webseiten ihrer Kunden nach pädophilen Inhalten zu filtern. Es braucht dazu weder eine gerichtliche Anordnung, noch werden die dafür verwendeten Schlüsselwörter von einer Regierungsbehörde kontrolliert ausgesucht. Ähnliche Internetgesetze gibt es auch in anderen Ländern – die Reporter ohne Grenzen behalten sie deshalb im Auge.

Im letzten Jahr hat der arabische Frühling gezeigt, welche Bedeutung dem Internet in kritischen Situationen heutzutage zukommt. Menschen organisieren sich, Botschaften dringen nach außen, Blogger werden zu Revoluzzern. Die Macht der digitalen Kommunikation versetzt Berge und lehrt Despoten das Fürchten. Auch wenn diese versuchen sich zu wehren, indem sie Internetverbindungen völlig unterbrechen, finden Online-Journalisten immer wieder Wege sich mitzuteilen und ihre Meinung zu äußern. So beispielsweise der tunesische Blog Nawaat, der unter Präsident Ben Ali zu den wenigen kritischen Onlineplattformen gehörte und der einen großen Teil zur Berichterstattung über politische und soziale Unruhen in Tunesien beitrug. Er wurde 2011 für sein außergewöhnliches Engagement für Meinungsfreiheit im Internet mit dem Netizen-Preis ausgezeichnet.

Internetzensur ist überall auf der Welt ein ernst zu nehmendes Problem. Nichtsdestotrotz verzeichnen die Reporter ohne Grenzen einige positive Entwicklungen, die den Protest gegen Meinungseinschränkungen untermauern: Soziale Netzwerke, Online-Plattformen und Mikrobloggingdienste erweisen sich mittlerweile als etablierte Instrumente des Protests und der unabhängigen Informationsverbreitung. Neben den klassischen Medien, werden die Online-Medien immer wichtiger, vor allem weil sie als Sprachrohr der Bevölkerung fungieren und damit das Ungleichgewicht zur kommerziellen Informationsverbreitung ausbalancieren – es sei denn, sie werden zensiert und kontrolliert…