VON CHARLOTTE MEYER | 01.03.2016 17:05

Endlager in Deutschland – eine dauerhafte Lösung fehlt

Seit 2011 ist der Ausstieg aus der Kernenergie in Deutschland gesetzlich festgelegt. Neben der Abschaltung der Kraftwerke steht aber immer noch die Entsorgung der Abfälle im Raum. Trotz vielen Jahren der Kernenergienutzung hat es den Anschein, als ob erst jetzt aktiv an einer dauerhaften Lösung für die Entsorgung des Atommülls gearbeitet wird. Fragen nach der Finanzierung müssen geklärt und geeignete Standorte gefunden werden. Was dafür unternommen wurde und wird berichtet UNI.DE.


32 Mitglieder und zwei Vorsitzende arbeiten in der Kommission, in der es um die Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe geht. Sie kommen aus Wissenschaft, Gesellschaft und Politik und tagen seit Mai 2014. Erst Anfang Februar dieses Jahres besuchte diese Endlagerkommission die Schachtanlagen Asse und Konrad, um sich ein Bild der Arbeiten vor Ort zu verschaffen. Die Anlage Asse II bei Wolfenbüttel bereitet Probleme. Zwischen 1965 und 1995 wurde hier die Lagerung von radioaktiven Abfällen im Sinne einer Endlagerung getestet und insgesamt 46.930 Kubikmeter Atommüll eingelagert. Nun ist jedoch die Stabilität des Schachts gefährdet und es dringen Zutrittswässer in die Grube ein. Das Bundesamt für Strahlenschutz arbeitet deshalb an Lösungen, um Asse II so schnell wie möglich stillzulegen und den atomaren Abfall umzulagern. Im Schacht Konrad bei Salzgitter hingegen befinden sich noch keine Abfälle, jedoch wird er derzeit zum Endlager umgebaut. Es ist im Moment das einzige Endlager, das im Einklang mit dem Atomgesetz stehen könnte.

Das Problem sind die hochradioaktiven Abfälle

Es gibt außerdem in Deutschland seit dem 27. Juli 2013 ein sogenanntes Standortauswahlgesetz, das die Einrichtung von Endlagerstätten für radioaktive Abfälle regeln soll. Durch dieses Gesetz ist auch die Kommission zur Lagerung hochradioaktiver Abfallstoffe ins Leben gerufen worden. Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang das Prädikat „hochradioaktiv“, denn bis heute gibt es noch kein Endlager für sogenannte wärmeentwickelnde radioaktive Abfälle. Der ober erwähnte Schacht Konrad befindet sich zwar im Aufbau, doch werden dort nur radioaktive Abfälle mit „vernachlässigbarer Wärmeentwicklung“ gelagert werden. Zu dieser Art der Abfälle gehören rund 90 Prozent der radioaktiven Abfälle in Deutschland, die zusammengenommen aber nur 0,1 Prozent der Radioaktivität des gesamten Abfalls ausmachen. Das können zum Beispiel kontaminierte Schutzkleidung, Rohrleitungen oder Luftfilter sein. Schwach- und mittelradioaktive Abfälle sind viel einfacher zu lagern als hochradioaktive Abfälle, auch weil sie oberflächennah entsorgt werden können. Das größere Problem sind die Abfälle, die mehr Wärme produzieren, wie etwa abgebrannte Brennstäbe, weil hier nach gängiger Meinung ein Lager in tiefen geologischen Schichten benötigt wird.

Für mehr Sicherheit und bessere Hilfe: Krisenmanagement studieren

An genau diesem Problem arbeitet die Endlagerkommission seit 2014. Der Deutsche Bundestag hatte 2011 beschlossen, im Jahr 2022 keine Energie mehr aus Kernkraft und auch keine hochradioaktiven Abfälle mehr zu produzieren. Bis zu diesem Zeitpunkt aber gab es noch keine Lösung für die dauerhafte Endlagerung. Obwohl Kernkraft viele Jahre als Energiequelle genutzt wurde, begann man paradoxerweise also erst dann mit einer gesetzlich festgelegten Auswahl von Endlagerstätten, als die Verabschiedung vom Atomstrom beschlossen wurde.

Die Debatte soll öffentlich sein

Für diese Auswahl der Endlagerstätten gibt es indes von Gesetzes wegen viele Kriterien. Sie soll einerseits wissenschaftlich fundiert sein und nach einer detaillierten Erkundung und Untersuchung verschiedener Standorte getroffen werden. Darüber hinaus soll in diesem Prozess die Öffentlichkeit umfassend einbezogen werden. Durch die fachlich begründete Auswahl sollen schließlich in einem transparenten und demokratischen Verfahren Standorte zur Endlagerung gefunden werden. Die Aufgabe der Kommission ist es nun, das Auswahlverfahren in diesem Sinne sicherzustellen und auch verschiedene Interessen, etwa zwischen Bund, Ländern und Bevölkerung abzustimmen und auszugleichen.

Unabhängig von der Standortauswahl ist aber vieles noch unklar bei der Endlagerung von hochradioaktiven Abfällen. Zum Beispiel die Finanzierung und hier insbesondere die langfristige Finanzierung. Denn mit der Abschaltung von Atomkraftwerken und dem Rückbau der Atomanlagen ist die Entsorgung des Mülls noch lange nicht beendet. Lediglich das Interesse der Energiekonzerne an einer Lösung des Problems würde mit großer Wahrscheinlichkeit zurückgehen. Der Präsident der Kommission zur Überprüfung der Finanzierung des Kernenergieausstiegs, Wolfram König, plädiert deshalb für ein Instrument, das die Finanzierung des Rückbaus nach Abschaltung der Reaktoren sicherstellt, indem es „alle Beteiligten verpflichtet, sich um eine möglichst zeitnahe Lösung des Problems zu kümmern“. Dabei sei es wichtig, dass es zu keinen neuen Interessensverquickungen von wirtschaftlichen Erwägungen und Sicherheitsfragen komme, so König. Aus diesem Grund sei es auch richtig, dass der Staat die Organisation der Endlagerung übernehme und die Konzerne die Pflicht hätten, bis dahin die Abfälle sicher zu verwahren. König spricht in diesem Zusammenhang von einem Zeitraum von bis zu 40 Jahren. Denn solange benötigen hochradioaktive Abfälle mindestens, bis sie soweit abgeklungen sind, dass eine Endlagerung möglich wird.